Die Anfänge des Stroms in Österreich

1 year ago
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Regisseur Martin Vogg beleuchtet die Geschichte der elektrischen Energie in Niederösterreich.

Der Beginn der Elektrifizierung war von vielen verschiedenen Pionieren geprägt. Einen landesweiten Plan oder gar einen kaiserlichen Erlass, der die Energieversorgung regelt, hat es nicht gegeben. Kaiser Franz Joseph war aber durchaus daran interessiert, seine Besitzungen mit elektrischem Licht zu erleuchten und engagierte den K.u.K. Hoflieferanten Lobmeyr, elektrische Luster herzustellen. Peter Rath, der das Lobmeyr-Archiv betreut, gibt Einblicke in die Anfänge der Elektrifizierung von Schlössern und Kirchen und beschreibt, wie der Luster von einem prunkvollem „Möbel der Lüfte“ zu einem Beleuchtungskörper wurde.

Vorreiter bei der Elektrifizierung waren die Industriellen. Unter ihnen tat sich vor allem Arthur Krupp hervor. Er nutzte den elektrischen Strom nicht nur zur Galvanisierung bei der Besteckerzeugung, sondern elektrifizierte neben der Stadt auch seine landwirtschaftliches Mustergut, das er mit einer elektrischen Melkanlage ausstatten ließ.

Bei Städten und Dörfern waren es die Tourismus- und Luftkurorte, die als erstes elektrische Kraftwerke errichten ließen, um ihre Straßen als Attraktion für die Gäste elektrisch zu beleuchten. Als erste elektrifizierte Stadt gilt Scheibbs, aber auch das nahe gelegene Waidhofen an der Ybbs erhielt schon früh ein Kraftwerk, bei dessen Eröffnung sogar der Kaiser höchst selbst anwesend war.

Mit Auer von Welsbach wird auch ein prominenter österreichischer Erfinder angesprochen. Mit der Erfindung des Glühstrumpfs hat er zunächst eine kurze Renaissance der Gasbeleuchtung eingeläutet, bevor er mit einer ähnlichen Technik die Glühbirne revolutionierte, die dann das Gaslicht endgültig verdrängte.

Elektrizität für den Verkehr und private Haushalte
Auch wenn sich der elektrische Motor bei den Automobilen gegen die Verbrennungsmotoren nicht durchsetzen konnte, wurden in Ybbs oder in Gmünd elektrifizierte öffentliche Verkehrsmittel eröffnet. Mit der Mariazellerbahn wurde auch eine Bahnstrecke kurz nach ihrer Eröffnung elektrifiziert. Für die Mariazellerbahn wurde in Wienerbruck sogar ein nur über Seilbahn und Fußwege erreichbares Kraftwerk in den Ötschergräben gebaut, das auch St. Pölten mit Strom versorgte. Dieses größte Kraftwerk der Donaumonarchie war aus vielen Gründen außergewöhnlich, wie Georg Rigele, Historiker der EVN näher ausführt.

Mit dem ersten Weltkrieg und dem Zerfall der Donaumonarchie und dem Wegfall wichtiger Kohlereviere stieg der Bedarf an elektrischer Energie und es entstanden weitere Kleinkraftwerke, von denen viele 1922 in der Landesenergiegesellschaft NEWAG gebündelt wurden. Als mit der Weltwirtschaftskrise die Industrie als Stromabnehmer teilweise wegfiel, begannen die elektrischen Energieversorger verstärkt Privatkunden für energiefressende Haushaltsgeräte wie E-Herde zu gewinnen. So löste in den Folgejahren sukzessive der E-Herd die Gasherde im urbanen Räumen Niederösterreichs ab.

In der NS-Zeit wurde die Energieversorgung in Niederösterreichs erstmals zentralisiert und nach 1945 wurden fast alle Kraftwerke vom Land übernommen. Darüber hinaus entstanden entlang des Kamp drei höchst effiziente Wasserkraftwerke, die allein fast die Hälfte des niederösterreichischen Strombedarfs decken konnten. Dieses plötzliche Überangebot an Strom führte neuerlich zu einer intensiven Bewerbung von elektrischen Geräten, dieses Mal vor allem auch im ländlichen Bereich, wie Christian Stadelmann vom technischen Museum in Wien erzählt.

Waren die ersten Kraftwerksbauten noch kaum von Protesten begleitet, entstand ab den 1970er Jahren heftiger und Großteils erfolgreicher Widerstand gegen Projekte an der Erlauf und der Donau, sowie gegen das Kernkraftwerk in Zwentendorf. Zum Abschluss wird ein Blick in die Zukunft gewagt, in der verstärkt erneuerbare Energien eine Rolle spielen. Dazu zählen auch die vielen historischen Kraftwerke, die wie vor über 100 Jahren auch im 21. Jahrhunderte grünen Strom für Niederösterreich produzieren.

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