1985 Geltendorf

1 month ago
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Im März nächsten Jahres wird dieses Pioniermeisterstück 40 Jahre alt – eine erstaunliche Tatsache. Für diejenigen, die heute 39 Jahre oder jünger sind, war das vor deren Geburt. Damals war mobile Telefonie unbezahlbar, vernetzte Kommunikation den wenigen ARPANET-BBS-Phreaks vorbehalten, Fotos mussten entwickelt werden und Informationen waren selten und kostbar. Unter diesen kargen Umständen erscheint es fast unmöglich, dass ein solches Meisterwerk entstehen konnte.

Den Erzählungen der beteiligten Farbsprühmaler zu lauschen ist ein Luxus. Wir lachen zusammen, verspüren Wehmut, denn es ist auch die eigene Jugend, die hier lebendig wird – eine Zeit, in der man sich einer inoffiziellen deliktfähigen Malerei verschrieben hatte, ohne dass mit dieser kriminellen Energie Geld verdient würde. Irre oder? Spektakulär, wieviele (ehemalige) Heranwachsende ihre Zeit auch heute mit inoffizieller Malerei verbringen.

Das Alter der Protagonisten war essenziell: In der Jugend ist man tollkühn. Wie wahrscheinlich ist es, dass sich Teenager autonom für eine unbekannte strafbare Malerei begeistern, sich treffen, eine Gruppe formen, um dann eine Pioniertat zu begehen? Fragt man die Wegbereiter einzeln, erkennt man schnell, dass es nicht bloße Zufälle waren. Es handelt sich hier um ein Kismet-Kollektiv, das sofort ihr jüngeres, gleichaltriges und älteres Umfeld mitinspiriert hat.

Ab einem gewissen Alter schaut man auf Kinder- und Jugendfotos, erinnert sich dann an Momente, Gerüche, Klänge und Farben - egal ob dieses Zurückschauen gut oder schlecht ist. Interessierte sehen jedoch oft nur einen Teil, obwohl jeder die Atmosphäre dieser Zeit mitfühlen könnte: Liebe, Zoff, vollgemalte Kinderzimmer, Versteckspiel, Irreführungen, lehrreiche Fehler, Geheimhaltung, Verbundenheit, peinliche Fotos - herrlich.

Leider erblicken trotz Verjährung/Verurteilung kaum persönliche Bilder aus dieser Zeit das Licht des Internetz. Archive sind vergessen, verloren, verbrannt, versteckt. Wie bei allen Halbwüchsigen liegt ein intensives Leben mit Höhen, Tiefen und Traumata hinter ihnen – ein Leben, das sie erst zu den Malern gemacht hat, die sie heute noch sind, denn: You do doodle on a paper! Danke Euch!

Postskriptum-Masterfrage für ein Bienchen ins Heft:

„Welche denkwürdige und prophetische Schallplatte hält Blash im letzten Foto in der Hand während er Loomit moralische Unterstützung gibt?“

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