Das Totalitäre Erbe (2) | Von Felix Feistel

6 months ago
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Ein Standpunkt von Felix Feistel.
Im ersten Teil dieser Artikelreihe wurden einige Grundmerkmale totalitärer Systeme beschrieben. Es wurde dargelegt, dass es sich bei totalitären Systemen um Bewegungen handelt, die eine beständige Veränderung, ein immer weiteres Voranschreiten benötigen, und kein fest definiertes Ziel oder Programm haben. Der einzige Sinn ist es, die Freiheit ultimativ abzuschaffen und die Trennung zwischen politischer und privater Sphäre aufzuheben. Jedes Individuum soll der totalitären Bewegung eingegliedert, die Herrschaft über alle Menschen bis in ihre Köpfe und ihren Geist hinein etabliert werden. Deswegen sind totalitäre Bewegungen auch entgegen aller Propaganda nicht nationalistisch, sondern haben stets einen globalistischen Ansatz, benutzen dabei aber einzelne Länder oder eine ganze Reihe von Ländern als Ausgangspunkte.
Um all das zu erreichen zerstört der Totalitarismus die Gesellschaft, die er vorfindet, um eine neue Wirklichkeit aufzubauen, die aber niemals Bestand haben darf. Erreicht der Totalitarismus einen neuen, statischen Zustand, richtet sich der Zorn der Masse, welche die Gesellschaft, in der sie lebt verachtet, und deswegen zu ihrer Zerstörung so leicht mobilisiert werden kann, gegen diese „Neue Normalität“, und die totalitäre Bewegung bricht in sich zusammen.
Ein wichtiger, ja grundlegender Aspekt des Totalitarismus ist die Organisation der Masse. Diese muss der Totalitarismus in Bewegung versetzen, sie also von seinen Ideologien überzeugen und indoktrinieren, um all die Veränderungen einleiten zu können, die ja letztlich von den Menschen selbst ausgeführt und akzeptiert werden müssen. Bei der Masse handelt es sich nicht einfach nur um eine große Menge von Menschen. Sie weist bestimmte Qualitäten auf, die Hannah Arendt in ihrem Werk ausführlich erläutert.
Von Massen ist nach Hannah Arendt dann die Rede, wenn große Teile der Bevölkerung entweder zu zahlreich oder zu gleichgültig öffentlichen Angelegenheiten gegenüber sind und sich in keiner Organisation strukturieren lassen, die auf gemeinsamen Weltanschauungen, Klasseninteressen oder Anliegen beruhen. Diese Massen finden sich nicht in den herrschenden Parteien, Gewerkschaften oder anderen, die Gesellschaft prägenden Gruppen repräsentiert. Nach dem Zusammenbruch der Klassengesellschaft nach dem ersten Weltkrieg wurde der größte Teil der Bevölkerung aller westlichen Länder in diese Massen geschleudert. Es gab keine Arbeiter mehr, die ein Klasseninteresse als Arbeiter formulieren konnten, und so verloren sie ihre Repräsentanz in den Arbeiterparteien. Das Gleiche gilt für beinahe alle anderen Gruppen. Die Kirche verlor an Einfluss und daher an Repräsentationsfähigkeit, ebenso wie jede politische Partei. Daher macht die Masse in beinahe allen Ländern die Mehrheit aus.
Dieser Zustand hat sich, seit Hannah Arendt ihr Werk schrieb, nicht nennenswert verändert. Weniger als je zuvor gibt es ein echtes Klassenbewusstsein, in dem sich die Menschen über ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe definieren, die mit Repräsentationsorganen ausgestattet ist. Zwar gibt es nach wie vor Parteien, doch repräsentieren diese keine bestimmte Klasse oder Gruppe von Menschen mehr. Weder handelt es sich bei der SPD oder der Linken um Arbeiterparteien, noch sind die Konservativen christlich. Die Liberalen und GRÜNEN haben nie eine Klasse oder Menschengruppe als Ausgangspunkt gehabt, die sie hätten repräsentieren können, allenfalls können die Liberalen noch für sich in Anspruch nehmen, die Lobbyorganisation des herrschenden Kapitals im Parlament zu sein. Auch die AfD vertritt keine bestimmte Gruppe, ist lediglich ein Sammelbecken für Unzufriedenheit aus verschiedenen politischen Lagern. Dasselbe wird der Wagenknecht-Partei passieren, wenn es ihr nicht gelingt, ein einigendes Gruppenmerkmal zu vertreten. ..
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Bildquelle: Georgy Dzyura / Shutterstock.com
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