Podoljaka: Stäbe schon aus Awdejewka evakuiert? Westen diskutiert möglichen ukrainischen Rückzug
Jüngste Besserungen des Wetters im Raum Awdejewka am Frontabschnitt Donbass lassen die dortigen Gefechte wiederaufflammen, die zuvor von starkem Regenfall gedämpft worden waren. Dies meldet der Journalist Juri Podoljaka in seiner Frontanalyse zum 29. Oktober 2023. In einigen westlichen Medien werden derweil Hypothesen besprochen, die ukrainischen Truppen könnten – oder gar müssten – diese schwer befestigte Stadt bald räumen. Bild-Redakteur Julian Röpcke etwa spricht von einer zunehmend schwierigen Versorgungslage, zumal die beiden Seiten der russischen Zange um Awdejewka langsam zusammengehen: Sie klaffen nicht mehr neun, sondern nurmehr sieben Kilometer auseinander. Es gibt sogar Berichte, denen zufolge Kiew die Kommandostäbe aus Awdejewka vor kurzem evakuiert haben soll.
Gleichzeitig scheint das ukrainische Kommando zu einer Aufgabe Awdejewkas noch nicht bereit zu sein – wird doch nach wie vor in ernsten Tönen davon gesprochen, den Frontbogen um die Stadt zu halten. Laut Podoljaka gehe es nun darum, ob das ukrainische Militär die Asch- und Abraumhalde der Awdejewka-Kokerei zurückerobern kann – oder ob Russlands Soldaten zusätzlich zu der Halde auch das Kokschemiekombinat selbst einzunehmen vermögen.
Doch dass die Ukrainer eindeutig auf Awdejewka konzentriert sind, bringe dem Blogger zufolge Russland Vorteile an anderen Brennpunkten und Frontabschnitten:
"Wichtig ist auch die Tendenz – Kiews Aufgebot in Awdejewka wird immer stärker bedroht, und so gab Kiew eine Erklärung in ernsten Tönen in Bezug auf die Verteidigung des Frontbogens Awdejewka ab. Damit liegt klar auf der Hand, dass der Gegner hier seine Kräfte konzentriert.
Indes muss man bedenken: Kiew mangelt es an Personal und Rüstungsgütern, und wenn die Ukrainer auf einmal irgendwo mehr an beidem haben, so haben sie woanders gleichzeitig zwingend weniger."
Juri Podoljaka ist ein ukrainischer politischer Blogger und Journalist aus Sumy, dessen Einsichten im Zeitraum um den Beginn der Intervention in den russischen Medien zunehmend gefragter wurden. Seine Analyseausgaben warten mit nur wenigen Zahlen auf, dafür vermittelt er anhand von Karten aber ein gutes Verständnis vom räumlichen Umfang der jeweiligen Entwicklungen und bietet dann und wann kurzfristige Prognosen.
An Quellen bemüht Podoljaka einerseits offen zugängliche Daten. Dies sind Meldungen von Augenzeugen in den sozialen Medien sowie Meldungen des russischen, aber auch des ukrainischen Verteidigungsministeriums. Andererseits gibt er Insiderquellen an. Neben solchen in den Volksmilizen und Sicherheitsorganen der russischen Volksrepubliken Donezk und Lugansk seien dies solche in den ukrainischen Sicherheits- und Regierungsbehörden, die er aufgrund alter Beziehungen aus der Zeit als ukrainischer Journalist noch zu unterhalten erklärt. Um es mit dem aktuellen Jargon der Aufklärungsdienste auszudrücken, ist Juri Podoljaka also vornehmlich ein OSINT-Analyst.
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