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"Impfung als Endziel" - Soldatenprozess
Wir begleiteten am 19. Oktober am Amtsgericht Traunstein den Soldatenprozess um den Oberfeldwebel Oberauer, der weiterhin mit Unterstützung seines Verteidigers Edgar Siemund seinen Freispruch verfolgt.
Wenn am Soldatentum etwas von Wehrhaftigkeit zeugt, dann der Marsch durch die Instanzen. Bei den einen früher, bei den anderen später, wird der Impfbefehl als scheinbar uneinnehmbare Bastion sturmreif geschossen. Während andere Gerichte von Erkenntnis in einem schwierigen Rechtsgebiet beseelt, nämlich dem Wehrrecht, einen Freispruch nach dem anderen produzieren, halten Gerichte wie das AG Traunstein es immer noch nicht für nötig, sich mit der Rechtslage des sogenannten „Impfbefehls“ intensiv zu beschäftigen. Rechtsunkenntnis der zivilen Strafgerichte prägt das Gefechtsfeld.
Während einige Richter, sich aus der Schusslinie bringend, gleich zu Beginn die Zulässigkeit des Impfbefehls von der Hand weisen, halten andere weiterhin an dessen Zulässigkeit krampfhaft fest und erkennen nicht, dass aus der einstigen Bastion schon längst ein potemkisches Dorf geworden ist und denken weiterhin, dass sie diese Stellung auf Dauer halten können.
Die Ursache ist die Unkenntnis der Dienstvorschriften, denn nirgendwo steht geschrieben, dass sich der Soldat impfen lassen muss. Es gibt nämlich keine Zwangsimpfung und auch keine Gehorsamsverweigerung im Zusammenhang mit der Impfung. Auch wenn im Gesetz die Duldung der Impfung gefordert ist, so geschieht diese damit gegen den Willen des Soldaten. Gegen den Willen des Soldaten darf der Truppenarzt wie jeder andere Arzt den Soldaten jedoch nicht impfen. In der militärischen Welt kommt noch hinzu, dass eine Zwangsimpfung, die nur gegen den Willen des Soldaten möglich wäre, in den Dienstvorschriften ausdrücklich verboten ist. Kein Truppenarzt kann daher im Rahmen der Duldungspflicht tätig werden, denn die Impfung setzt immer voraus, dass der Soldat einwilligt. Um das zu vertuschen, verschwand mit Einführung der Duldungspflicht für die Impfung gegen Covid-19 das sonst obligatorische Aufklärungsblatt, auf dem der Soldat seine Zustimmung zur Impfung bis dahin ausdrücklich erklären musste. Sich dieses Dilemmas offenbar bewusst, schustern sie sich die Aussagen der Vorgesetzten zurecht und lassen den „Impfbefehl“ wie einen idyllischen Spaziergang zum Truppenarzt aussehen, während sie selbst über ihre eigenen Füße stolpern. Es ist schwer zu erkennen, ob es sich bei dem Versuch, die Flucht nach vorne anzustreben, um Slapstick, ein Justizdrama oder eine Realsatire handelt; sicher ist, dass diese Soldatenprozesse rhetorisch Blüten treiben, wie sie noch keine Theaterbühne gesehen hat.
Während der Staatsanwalt noch zu Beginn der ersten Verhandlung immerhin ehrlich rausposaunte: „Impfbefehl ist doch ganz einfach, Arm raus, Spritze rein“, bemühte sich die Richterin, dem Zeugen, der den Impfbefehl erteilte, noch die richtigen Worte in den Mund zu legen, die in etwa lauteten: „Normalerweise ist es doch so, dass sich der Soldat nur im Sanitätsbereich beim Impfarzt vorzustellen hat, oder?“. Aus dem Versuch von zielgerichtetem Feuer in Streumunition überzugehen wurde jedoch nichts. Gesinnung bleibt Gesinnung. Es offenbart sich daher von Mal zu Mal, von Instanz zu Instanz immer mehr eine Befehlsüberschreitung der Disziplinarvorgesetzten.
Geprägt von blinder Systemtreue und „Kadavergehorsam“, den es auch nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts nicht mehr gibt, lassen sich gerade Staatsanwaltschaften und die Disziplinarvorgesetzten, trotz ihrer vergeblichen sprachlichen Verrenkungen, unweigerlich in die Karten schauen. Man nehme die Formulierung des Majors: „Es gilt lediglich, einen Prozess in Gang zu setzen, mit der Impfung als Endziel“. Doch ganz gleich, ob mit propagandistischer Beschönigung oder lebensverachtender Ehrlichkeit, sprich harmloser Spaziergang oder „Prozess zur Erreichung des Endziels“ fabrizieren sie eine Gehorsamsverweigerung daraus.
Dies schien vielleicht in der ersten Instanz ein Ausweg zu sein. Doch zeigt bereits das sprachliche Radebrechen und die Unfähigkeit, sich auf einen einheitlichen Duktus zu einigen, dass es für die Gerichte keinen Ausweg aus ihrem selbstverschuldeten Dilemma geben wird. Die Erkenntnisse sind da, doch die Einsicht fehlt.
Über kurz oder lang werden die Gerichte begreifen müssen, dass nur ein Rückzug und eine bedingungslose Kapitulation mit dem Eingeständnis möglich ist, dass es sich in den letzten drei Jahren mitnichten um Gehorsamsverweigerungen handelte, dafür aber um Befehlsüberschreitungen und Rechtsbeugungen.
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