Wo sind Himmel & Hölle ?... Ein Ehepaar im Jenseits ❤️ Geistige Sonne durch Jakob Lorber

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Wo sind Himmel und Hölle… Ein Ehepaar im Jenseits

Geistige Sonne Band 1 – Kapitel 35-39

Mitteilungen Jesu Christi über die geistigen Lebensverhältnisse des Jenseits. Durch das Innere Wort empfangen von Jakob Lorber. Jesus offenbart durch Jakob Lorber in Die geistige Sonne

Ein Ehepaar im Jenseits

Band 1, Kapitel 35

1. Sehet, nicht ferne von uns werdet ihr ein Paar menschliche Wesen erschauen. Es sind ein Mann und ein Weib, und das gerade in einer solchen Situation, die wir zu unserem Zwecke recht gut verwenden können. Also gehen wir nur schnell darauf zu, damit wir sie gleich einholen. – Ihr fraget, wie das Verhältnis beschaffen sei zwischen diesen beiden. – Ich sage euch: Für unseren Zweck könnte es nicht besser beschaffen sein als es ist. Es ist ein Verhältnis, wo das Weib nur sechs Jahre vor dem Manne gestorben ist. Der Mann hat viel getrauert um sie, hat aber im Verlaufe von ein paar Jahren sich so recht der Religion in die Arme geworfen, und so treu gelebt seiner Erkenntnis zufolge. Nun aber ist auch er von der Erde abberufen worden und kam vor kurzer Zeit erst hier an. – Diese Einleitung ist vorderhand hinreichend; das Nähere sollet ihr im Geiste praktisch erfahren.

2. Da wir bei dieser Gelegenheit, wie ihr sehet, auch glücklich unser Pärchen eingeholt haben, so braucht ihr nichts als auf das Zwiegespräch, welches soeben beginnen wird, acht zu haben und ihr werdet daraus alles Notwendige entnehmen können. Nun höret! Sie beginnt soeben eine Frage an ihren Mann zu stellen und spricht:

3. Mich freut es ausserordentlich, dich nach längerer Zeit endlich einmal wieder zu erschauen, und glaube auch, dass uns hinfort kein Tod mehr trennen wird. Aber nun sage mir nur auch, soviel du mir sagen kannst, ob meine letzte Willensanordnung genau befolgt worden ist. Denn solches liegt mir ausserordentlich am Herzen.

4. Der Mann spricht: Mein über alles geliebtes Weib! Damit du ersehest, wie pünktlich deine letzte Willensanordnung beachtet ward, so sage ich dir nur so viel, dass ich selbst in meiner letzten Willensanordnung nichts anderes tat als das nur, dass ich deine Willensanordnung wieder von neuem bestätigte und somit in meiner letzten Willensanordnung mich genau an die deinige hielt bis auf einige unbedeutende Legate. Sonst aber ist unser gesamtes, von mir noch um mehrere Tausende vermehrtes Vermögen unseren Kindern eingeantwortet. Bist du damit zufrieden?

5. Das Weib spricht: Mein stets geliebter Gemahl, bis auf die Legate ganz vollkommen! Sage mir daher: wieviel möchten diese betragen? Und wem sind sie vermacht worden? – Mein geliebtes Weib, spricht er, die gesamten Legate betragen nicht mehr als zweitausend Gulden, und diese sind in fünf Teile geteilt, und bis auf eins habe ich diese Legate vieren deiner Anverwandten vermacht; nur einen Teil musste ich ehrenhalber der Armenkasse vermachen. Ich hätte auch solches nicht getan, so du nicht manchmal bei deinen Lebzeiten schon dich geäussert hättest, solcher deiner Anverwandten zu gedenken. Was aber die Armen betrifft, da weisst du ja ohnehin, dass man schon fürs erste der Welt wegen etwas tun muss, und dann aber auch um Gottes Willen etwas, da man doch ein Christ und kein Heide ist. Übrigens macht dieser Bettel von zweitausend Gulden gegen unser hinterlassenes grosses Vermögen ja ohnedies nichts aus; denn wie ich es am Ende berechnet habe, bekommt jedes unserer hinterlassenen sieben Kinder eine runde Summe von einmalhundertfünfzigtausend Gulden. Dazu sind alle Kinder gehörig wirtschaftlich erzogen, und so kannst du also ganz ruhig sein über dein hinterlassenes Vermögen, wie ich es bin, und kannst nun an meiner Seite dich samt mir um ein anderes Vermögen umsehen, welches uns hier wenigstens in eine entsprechend glückliche Lage bringen kann, in welcher wir so bestehen möchten, wie wir zum wenigsten auf der Erde bestanden sind.

6. Sie spricht: Ich will damit wohl zufrieden sein, wenn nur die Kinder versorgt sind. Freilich, wohl hätte mit den zweitausend Gulden ein jedes Kind gleich ein kleines Geld in den Händen gehabt und hätte mit demselben vorderhand einen Anfang machen können, um nicht gleich die Interessen des Hauptkapitals angreifen zu müssen. Doch da es nun einmal also ist und wir an der Sache nichts mehr ändern können, so muss ich mich ja gleichwohl zufriedenstellen.

7. Was du aber sagst von einem anderen, hier brauchbaren Kapitale, da bitte ich dich als deine dich stets treu liebende Gattin, dass du dich in dieser Beziehung ja aller albernen Gedanken entschlägst; denn sechs Jahre sind bereits verflossen, dass ich unter grosser Angst und Bekümmernis in dieser finstersten und allerödesten Wüste herumirre, und alles, was ich hier, durch die entsetzlichste Hungersnot getrieben, Essbares finden konnte, ist eine Art Moos. Nicht selten ist auch wie ganz dürres Gras hier und da zu finden, mit welchem man sich am Ende den Magen anstopfen kann. Wärest du nicht gerade auf diesem Punkte zufälligerweise, von der Welt noch etwas schimmernd, angekommen, so hätten wir uns wohl in alle Ewigkeit schwerlich je getroffen.

8. Er spricht: Aber mein geliebtes Weib, hast du denn gar keine Ahnung, aus welchem Grunde du an diesen finstern Ort gekommen bist? – Ich meine, dass dich denn doch dein zu weltlicher Sinn hierhergebracht hat. Du warst wohl eine sehr sparsame und in allen unseren weltlichen Verhältnissen sehr ehrsame Frau und warst sonst auch ein überaus gescheites Weib; nur die Lehren des wahren Christentums waren dir nicht selten ein Dorn im Auge. Du hattest dich manchmal eben nicht zu vorteilhaft darüber ausgesprochen und hieltest dich mehr an die Weltklugheit und Weltphilosophie. Ich habe es dir aber oft gesagt, mein liebes Weib, wenn es jenseits ein Leben gibt, so glaube ich, wird man im selben mit aller Weltklugheit nicht auslangen; daher wäre es besser, sich an das Wort Gottes zu halten! Denn das Zeitliche währet nur kurz; so es aber ein Ewiges gibt, da werden wir mit unserer zeitlichen Klugheit, wie gesagt, gar übel fortkommen. Sieh, mein geliebtes Weib, das sind buchstäblich die Worte, welche ich gar oft zu dir im Vertrauen geredet habe, und wie ich mich jetzt zu meinem grössten und bedauernswürdigsten Erstaunen überzeuge, ist es leider nur zu gewiss auf meine Worte gekommen. Daher meine ich nun, mein geliebtes Weib, dass es für uns die allerdringendste und allerletzte Zeit, wenn man sich hier so aussprechen kann, ist, dass wir uns aller weltlichen Rückgedanken gänzlich entschlagen und uns um Gnade und Erbarmen an unsern Herrn Jesus Christus wenden. Denn wenn uns Der nicht hilft, so sind wir für ewig verloren, da ich solches in mir ganz gewiss weiss und empfinde, dass es ausser Christum in der ganzen Unendlichkeit für uns keinen Gott und keinen Helfer mehr gibt. Hilft uns Der, so ist uns geholfen; hilft uns der aber nicht, so sind wir für ewig rettungslos verloren! Jetzt wünschte ich, dass ich unser gesamtes Vermögen den Bettlern vermacht hätte, und dass dafür unsere Kinder zu Bettlern geworden wären; das hätte uns sicher hier mehr Segen gebracht als alle unsere weltkluge Sorge für die weltliche Versorgung unserer Kinder. Daher, mein geliebtes Weib, bleibt uns, wie gesagt, nun nichts mehr übrig, da wir unsere weltliche Torheit nicht mehr zu ändern vermögen, als dass wir uns allerernstlichst mit Ausschluss aller anderen Gedanken und Wünsche allein zu Christum hinwenden, damit Er unserer grossen Torheit möchte gnädig und barmherzig sein und eben diese Torheit durch Seine unendliche Gnade und Erbarmung an unsern Kindern gutmachen!

9. Das Weib spricht: Ich habe es mir ja immer gedacht, dass du deine religiös schwärmende Torheit auch auf diese Welt mitbringen wirst; was haben denn ich und du je Arges auf der Welt getan? Waren wir nicht allezeit gerecht gegen jedermann? Sind wir je jemandem etwas schuldig geblieben, oder haben wir je einem Dienstboten das Bedungene nicht gegeben? Wenn es irgendeinen Gott gäbe, oder nach deinem Sinne irgendeinen „Christus“, da wäre es ja doch die höchste Ungerechtigkeit, dass Er Menschen, wie wir sind, also belohnen sollte, wie wir die Belohnung vor uns erblicken. Oder welcher Gott könnte denn wohl einem Menschen nur im geringsten verargen, so er einer „alten Sage“, welche voll Unsinn und voll Lächerlichkeiten ist, keinen Glauben hat schenken können? Denn solches, glaube ich, kann doch ein Blinder begreifen, dass, so einem Gott am menschlichen Geschlechte etwas gelegen wäre, vorausgesetzt, dass es einen Gott gibt, sich der Mensch ja doch nichts Unbilligeres träumen könnte, als dass dieser Gott sich nur einmal persönlich mit aller Wunderkraft ausgerüstet den Menschen genähert habe, und das nur den Menschen eines sehr kleinen Bezirks, während doch die ganze Erde bevölkert war.

10. Sage mir darum, kann es Gott dann unbedingt verlangen, dass diejenigen Menschen und Völker, welche nicht auf demselben Bezirke und besonders nicht gleichzeitig mit ihm gelebt haben, es unbedingt annehmen sollen, dass Er es war, der diese Lehre gestiftet hat? Kann ihnen Gott verargen, wenn Er irgend ist und gerecht ist, dass sie solches nicht tun können? Oder können nicht die Menschen und Völker gegen Gott, so Er irgend ist, auftreten und sagen: Wie willst Du ernten, wo Du nicht gesät hast? Willst Du über uns Gericht halten, so bist Du ein ungerechter Gott; willst Du aber ein gerechtes Gericht halten, da richte diejenigen, die Dich gesehen haben und denen Du gepredigt hast. Uns aber lass ungeschoren, denn wir haben Dich nie gesehen und haben uns von Deiner Wesenheit niemals überzeugen können. Das auf uns überkommene, Dein sein sollende Wort aber kann uns nie zu einem Richter werden, da es ebensogut erdichtet wie wahr sein kann, und noch viel leichter erdichtet als wahr. Solange wir auf der Welt gelebt haben, haben wir nur die alte Natur gesehen, von Dir aber nie eine Spur. Wir sind auf die Welt gekommen als reine Kinder der Naturkräfte. Die Menschen und Weltlehrer haben uns erst verständig gemacht. Durch unser ganzes Leben war von Dir keine Spur zu erspähen. Wie willst Du hernach mit uns rechten, indem Du uns nimmer einen Beweis zum Zeugnisse Deines Daseins und Deiner Wesenheit geben wolltest?

11. Siehe, mein lieber Mann, das ist doch so klar wie auf der Welt die Sonne am hellen Mittage. Du siehst solches nur noch nicht ein, weil du noch viel zu kurze Zeit hier bist. Wenn du aber so lange hier sein wirst wie ich, da wird dir solches selbst in dieser dichtesten Finsternis vollkommen klar werden. Zum Beweise meiner Liebe und Treue zu dir sage ich noch hinzu, dass du allhier an meiner, deiner dich stets über alles liebenden Gattin Seite, so lange und so stark, als du nur immer willst, deinen sein sollenden Gott-Christus anrufen kannst, und ich stehe dir mit meiner Liebe und Treue gut, dass du nach mehrjährigem Rufen sicher zu der klaren Einsicht kommen wirst, dass ich, dein dich allzeit treu liebendes Weib, in meinem natürlichen Verstande heller sehe denn du mit all deiner sein sollenden Gottesgelehrtheit.

12. Siehe, ein altes Sprichwort hat von der Bibel ausgesagt: O Bibel, o Bibel! du bist den Menschen ein Übel! Und sieh, das Sprichwort hat recht. Besässen die Menschen auf der Erde so viel Herz und Mut, diesen alten jüdischen Unsinn bei Butz und Stengel auszumerzen und an seine Stelle die reine menschliche Vernunft zu setzen, so wäre die Welt in aller Kultur schon um viele hundert Jahre voraus. So aber muss noch immer, wer weiss aus was für Rücksichten, dieser alte Unsinn beibehalten werden, durch welchen nicht selten den allerbiedersten und rechtschaffensten Menschen die Hände zu einem feineren Wirken gebunden werden. Was ist die Folge? Denke in deiner sonstigen Klugheit nach; wo gibt es die grösste Anzahl liederlicher, schlechter und armer Menschen? Sicher nirgend anderswo als gerade nur da, wo die Bibel und besonders die neue christliche Lehre oberhauptlich zu Hause ist. Gehe nach Rom, gehe nach Spanien, gehe nach England, und du wirst meine Aussage bestätigt finden.

13. Die Menschen verlassen sich auf einen Gott, fangen an, in der guten Hoffnung auf Seine Hilfe zu faulenzen. Die Hilfe aber kommt nicht, so ist die natürliche Folge, dass dergleichen Menschen verarmen, und wenn sie schon nicht gerade durch die Bank zu schlechten Kerlen werden, so fallen sie aber doch den fleissigen und betriebsamen Menschen am Ende zur Last. Man schreit allenthalben und sagt: Gott ist allgütig, höchst liebevoll und überaus barmherzig, liesse aber dabei doch sicher einen jeden Bettler verhungern, wenn dieser nicht von seinen arbeitsamen Nebenmenschen versorgt würde.

14. O sieh, mein lieber Gemahl, auf Rechnung ehrlich gesinnter, arbeitsamer und daher wohlhabender Menschen hat das müssige Pfaffentum leicht von einem allgütigen und barmherzigen Gott zu predigen. Streichen wir aber diese Menschen weg, so werden wir gar bald sehen, welch ein trauriges Ende solche Predigten nehmen werden. Wüssten diese schwarzen oder weissen Schreier auf der Welt, welch eine Bewandtnis es mit dem jenseitigen Leben hat, so würden sie sicher anders predigen, oder sie würden statt der leeren Predigten den erträglichen Pflug ergreifen. Es mag ja einen Gott geben als die Grundkraft, welche das ganze Universum leitet; aber sicher gibt es keinen Gott, wie ihn die jüdische Bibel lehrt.

15. Er spricht: O mein geliebtes Weib, du bist auf einem ganz entsetzlichen Irrwege in deinen Gedanken; denn ich habe gerade also in berühmten gottesgelehrten Schriftstellern gelesen, dass rein höllische Geister eine dir ganz gleiche Sprache führen. Ich kann dir versichern, solches ist auch der vollgültige Grund, dass du dich hier in dieser ewigen Nacht befindest. Wahrlich wahr, mir wird ganz entsetzlich angst und bange um dich! Denn mit solchen Grundsätzen sehe ich dich unwiederbringlich für ewig verloren. Wenn du durchaus keine anderen Grundsätze in dir aufnehmen willst, so fühle ich mich notwendig gedrungen, dich für allezeit zu verlassen.

16. Sie spricht: Solches wärest du imstande, mir, deinem getreuen, dich ewig liebenden Weibe zu tun? Ich sage dir, dass ich solches nicht vermöchte, und wenn du wirklich in die Hölle solltest verdammt sein! Ich möchte dich im Feuer nicht verlassen, und du willst mich wegen einer vernünftigen Rede verlassen? Es steht auch dir frei, mir deine Ansichten vernünftig darzustellen, nur ein Unsinn darf es nicht sein; denn in diesem Falle liebe ich dich zu sehr, als dass ich dich auf Irrwege sollte geraten lassen. Folge mir aber, ich will dich auf einen andern Ort führen, allda wir uns besser befinden werden als hier und du in einer grösseren Gesellschaft erst füglich erfahren wirst, wie man hier daran ist.

17. Er spricht: Mein geliebtes Weib! Ich will dich ja nicht verlassen, denn dazu habe ich dich zu lieb, und will dir darum auch folgen, dahin du mich führen willst, weil ich sehe, dass du bei all deiner Unkenntnis in der wahren Religion dennoch stets gleichen redlichen Herzens bist. Und du bist noch immer mein gutes Weib, gegen das ich sonst nichts einzuwenden habe, als dass es nicht meiner Ansicht werden kann. Wenn du hernach irgendeine bessere Stelle dieses Reiches aller Finsternis kennst, so führe mich nur hin, und wir wollen sehen, was sich da alles wird machen lassen. Sehet, sie ergreift seinen Arm und führt ihn weiter. Wir aber wollen diesem interessanten Paare folgen, um fernere Zeugen des Erfolges solch eines Verhältnisses zu sein. Sie gehen; also gehen auch wir ihnen nach!

Kapitel 36 – Das Ehepaar und ein Lügengeist

1. Ihr müsset euch nichts daraus machen, wenn eure Augen diesmal auf eine etwas stärkere Probe gestellt werden, denn der Weg zieht sich mehr gegen Norden, und da wird es immer finsterer; dessen ungeachtet werden wir für uns immer noch so viel Licht haben, dass uns bei dieser Gelegenheit nichts entgehen soll.

2. Vernehmet ihr noch nichts aus einer Ferne? Ihr saget: Wir vernehmen wohl etwas; aber es ist ganz verschieden von einer menschlichen Stimme, es artet sich mehr so, als vernähme man von einer ziemlichen Ferne das Gerassel vieler Wagen, auch tönt es mitunter wie das Toben eines fernen grossen Wasserfalles. Ihr fraget, was solches zu bedeuten habe. – Verfolgen wir nur unser Paar, und wir werden der Sache bald näher auf die Spur kommen.

3. Könnt ihr dort noch nicht etwas dumpf Rötliches ausnehmen, einen Schimmer, ähnlich einem Stück matt glühenden Eisens? Dorthin wendet eure Blicke, denn dort wird uns ein Hauptspektakel erwarten.

4. Sehet, es kommt uns immer näher und näher, und das sonderbare Donnergerassel artet immer mehr in naturmässige rauhe Menschenstimmen aus. Jetzt aber bleiben wir stehen, denn die Masse bewegt sich geradewegs hierher, und wie ihr sehet, hat auch unsere sich überaus liebende Avantgarde eine stillstehende Position eingenommen.

5. Sehet, wie er voll ängstlicher Erwartung der Dinge ist, die sich daherziehen, und will aus grosser Angst und Furcht eine rückgängige Bewegung machen. Sie aber ergreift seinen Arm und bittet ihn um alles, was ihrem Herzen teuer ist, dass er nur diesmal sie erhören und bleiben solle; denn das sei ja eben das von ihr ihm vorhergesagte Glück, das er kennenlernen und sich dann überzeugen solle, inwieweit sie recht oder unrecht hatte.

6. Er fragt sie, was denn das ist, das sich, ihm also schauerlich vorkommend, ihnen nahe? Und sie spricht zu ihm: Was es ist, was es ist?! Lauter tief denkende Menschen sind es, was du bald mit deinen eigenen Augen klar erschauen und mit deinen eigenen Ohren deutlich vernehmen wirst.

7. Und nun sehet, er stellt sich zufrieden und erwartet die herannahende tiefdenkende Truppe. Sehet, die ziemlich bedeutende Gesellschaft ist schon nahe da. Unser Paar geht ihr höflichkeitshalber entgegen. Auch wir müssen, wenn schon nicht aus Höflichkeit, so doch aus einem anderen Zwecke eine gleiche Bewegung machen.

8. Sehet, jetzt sind sie beisammen und empfangen sich gegenseitig mit der ausgezeichnetsten Höflichkeit. Also rücken auch wir ein wenig näher, damit uns nichts entgeht.

9. Wie ihr sehet, so naht sich aus der Mitte der Gesellschaft eine hagere und abgezehrte männliche Gestalt unserem Paare. Das Weib empfängt dieselbe mit ausnehmender Zärtlichkeit und grossem Wohlwollen. Auch der Mann des Weibes verbeugt sich tief vor dieser männlichen Gestalt.

10. Die männliche Gestalt spricht: Meine hochschätzbarste Dame! Es gewährt mir ein ausserordentliches Vergnügen, dass mir wieder das schöne Glück zuteil geworden ist, Sie die unsrige nennen zu können; denn Ihr Verstand und Ihr sonstiges überaus vorteilhaftes Benehmen macht unserer Gesellschaft eine sehr grosse Ehre und fürwahr die schönste Zierde. Nun, meine liebe Dame, haben Sie etwas auf Ihrem allerzärtlichsten Herzen, so wird es mir zur grössten Glückseligkeit gereichen, wenn Sie mich mit einem so süssen Anliegen wollen vertraut machen.

11. Sie spricht: Mein allerhochgeschätztester und über alles hochzuverehrender Freund! Sehen Sie, der Mann hier an meiner Seite ist mein zärtlichst geliebter irdischer Gemahl. Dieser hat sich auf der Erde in allen seinen Handlungen überaus gerecht, ausgezeichnet und vorteilhaft benommen, so dass ich in allem Ernste bekennen muss, unsere Ehe war eine der glücklichsten. Denn was kann wohl ein Weib sich für eine glücklichere Ehe wünschen, als so sie einen Mann hat, der den Wünschen des weiblichen Herzens nachzukommen versteht. In diesem Punkte hätte ich bis auf kleine Unbedeutendheiten fürwahr nichts einzuwenden.

12. Jetzt aber kommt ein Hauptpunkt, in welchem wir uns nie haben vereinen können, welcher darum auch ein stetiger kleiner Anstoss zwischen uns beiden war. Und so will ich Ihnen denn diesen Anstoss so gründlich, als es einem Weibe nur immer möglich ist, darstellen, und Sie, mein allerhochverehrtester Freund, werden dann allerwohlgefälligst die Güte haben, meinem Manne darüber ein paar Wörtlein zuzuflüstern, welche ihn sicher vom Grunde aus heilen werden.

13. Die Gestalt spricht: Oh, ich bitte, bitte, meine allerschätzenswerteste Dame sind viel zu gütig! Ich gebe Ihnen die Versicherung, dass es mir zur grössten Ehre und zu einer ganz besonderen Glückseligkeit gereichen wird, wenn ich mir werde sagen können, einer so holdseligen Dame mit meiner Wenigkeit gedient zu haben! Ich bitte daher, mich mit diesem Punkte ihres Herzens vertraut zu machen. Sie spricht: Ach, mein allerschätzbarster Freund, Sie sind gar zu gütig und bescheiden; und eben diese Ihre grosse Güte und Bescheidenheit flössen meinem Herzen Mut ein, vor Ihnen nichts im Hinterhalte zu behalten, und so wollen Sie mich allergütigst vernehmen!

14. Sehen Sie, was da diesen fatalen Punkt betrifft, so besteht dieser in nichts anderem, als dass, gerade herausgesagt, mein sonst braver, guter und liebenswürdigster Mann ein Bibelianer und somit auch ein Christianer ist. Der Grund aber, dass er sich dieser lächerlichen Sekte in die Arme geworfen hat, liegt darin, weil er von armer Herkunft ist. In Rücksicht dessen wurde ihm, wie es allgemein bei der armen Klasse der Fall ist, schon in der Wiege diese alte Bettelphilosophie eingelullt. Wie schwer es aber hernach ist, solch einen von den Kinderammen eingesogenen und somit eingefleischten Unsinn hinauszubringen, wissen Sie, allergeehrtester Freund, sicher besser als ich. Mit dieser Bettelphilosophie ist dieser mein sonst überaus schätzenswertester Mann nun auch hier angelangt im Reiche der urwaltenden Naturkräfte, wie sie es uns schon zu öfteren Malen zu erklären die Güte hatten. Solches aber geht ihm durchaus nicht ein. Er hängt noch nagelfest an seinem Christus und will sich sogar von mir losreissen, um diesen sicher nirgends vorhandenen Christus aufzusuchen. Nun, mein gelehrtester und hochverehrtester Freund, habe ich Ihnen in aller Kürze mein Anliegen und meine Not dargetan und bitte Sie darum, sich meines in dieser Hinsicht armen Mannes allergütigst anzunehmen!

15. Die Gestalt spricht: Oh, wenn es nichts anderes ist, mit dem werden wir hier im Reiche der allernacktesten Wahrheit wohl bald, und zwar leicht, fertig werden. – Hier wendet sich die Gestalt zum Manne, bietet ihm freundlich die Hand und spricht zu ihm: Aber lieber Freund, soll das wohl Ihr Ernst sein, worüber sich gerade Ihre liebenswürdigste Gattin bei mir beschwert hat? –

16. Der Mann spricht: Mein schätzbarster Freund, ich muss es Ihnen offen gestehen: so überaus lieb, wert und teuer mir sonst meine Gemahlin ist, so glaube ich doch fest, dass wir in diesem Punkte nie einig werden. Denn gehe es, wie es wolle, so habe ich in mir den festen Entschluss gefasst, bei meinem Glauben an Christus ewig zu verbleiben! Und ich bin überzeugt, dass mir dieser Name allzeit einen grossen Trost bereitet hat und auch stets mein unfehlbar glücklichster Leitstern war. Bin ich je auf Abwege geraten, so gewiss nur dadurch, dass ich nicht fest an Christus gehalten habe. Habe ich mich aber wieder an Christus gewendet, so war mir nicht selten wieder wie durch einen allmächtigen Zauberschlag geholfen!

17. Sie als denkender und weiser Mann werden demnach selbst einsehen, dass es von meiner Seite höchst unbillig wäre, mich von solch einem Wohltäter besonders jetzt zu entfernen, da ich, wie es mir vorkommt, Seiner am allernötigsten habe. Daher, mein schätzbarster Freund, geben Sie sich in dieser Hinsicht mit mir gar keine Mühe; denn ich gebe Ihnen die alleroffenherzigste Versicherung, dass Sie mit mir nichts ausrichten werden. Ich war lange genug ein törichter Sklave der Reize meines Weibes; ich habe sie nach ihrem Dahinscheiden in Christo, meinem Herrn, entbehren gelernt und hoffe, dass sie mich hier nicht mehr anfechten werden, und das um so sicherer, da ich durch den Tod des Leibes aufgehört habe, diesem meinem ehemaligen Weibe ein ehepflichtiger Gemahl zu sein. Will sie mir aber folgen, so soll sie mir auch allzeit wert und teuer sein; aber meinen Christus um sie eintauschen, das tue ich nimmer, und zöge sie mich auch mit aller Gewalt in den Mittelpunkt irgendeiner Hölle! Ist sie mit dem zufrieden, dass ich wenigstens mit meinem Christus ungehindert um sie sein kann, so will ich meine alte Liebe mit ihr nicht brechen; ist sie aber damit nicht zufrieden, so habe ich hiermit das letzte Wort in ihrer Gegenwart gesprochen.

18. Die Gestalt spricht zum Manne: Lieber Freund, ich habe Sie von Anfang bis zu Ende geduldig angehört und kann Ihnen über Ihre Äusserung nichts anderes als in allem Ernste mein lebendigstes Bedauern entgegenstellen. Damit Sie jedoch wissen, mit wem Sie es zu tun haben (hier nimmt diese Gestalt zu einer Lüge ihre Zuflucht), so sollen Sie wissen, dass ich der grosse Lehrer Melanchthon bin, von dem Sie auf der Erde sicher etwas vernommen haben. Der Mann spricht: O ja; aber was wollen Sie damit sagen? Die Gestalt spricht: Mein schätzbarster Freund, nichts anderes, als dass ich sicher besser weiss, was Christus ist als Sie; denn ich habe mit ganz sonderlich grossem Fleisse in dem sogenannten christlichen Weinberge gearbeitet bis zur letzten Stunde meines irdischen Seins und wäre fürwahr, wenn es sich darum gehandelt hätte, für Christus auch in den Tod gegangen. Ich habe nicht nur die römische, sondern die reinere Lehre Luthers von allen Schlacken gereinigt; ich lebte buchstäblich nach dem Sinne dieser Lehre, und was war der Erfolg? Ich brauche Ihnen, mein schätzbarster Freund, solchen nicht mit vielen Worten zu erörtern, denn ein Blick von Ihnen, an meine ganze Wesenheit gerichtet, wird Ihnen den Erfolg meines gewisserart quintessentiellen Christentums zeigen. Mehr brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Lassen Sie es somit auf das alte „Experientia docet“ ankommen, und ich bin überzeugt, wir werden uns im Verlaufe von hundert Jahren ganz also, wie wir uns jetzt gegenüberstehen, wenn es gut geht, wieder treffen. Sie, mein Freund, sind hier noch ein vollkommener Neuling und wissen nicht, wie es sich lebt in dem Reiche der Zentral-Grundkräfte. Wenn Sie aber einige Jahrzehnte von dieser ewigen Nacht herumgehetzt und sich dabei gehörig aushungern werden, so werden sicher auch solidere und gründlichere Erkenntnisse in Ihrem, aller weltlichen Torheit flott gewordenen Kopfe bessern Raum finden denn jetzt.

19. Der Mann spricht zur Gestalt: Schätzbarster Freund! Wenn Sie in dieser Hinsicht so wohlgegründete Kenntnisse besitzen, so lassen Sie mich dieselben vernehmen. Ich will ja gerade nicht abgeneigt sein, Sie anzuhören und werde dessen ungeachtet von dem meinigen nichts vergeben, so mir das Ihrige nicht überzeugend konveniert.

20. Die Gestalt spricht: Gut, mein Freund, ich will Sie pro primo nur darauf aufmerksam machen, welche eigentlichen Früchte das Christentum auf der Erde getragen hat. Die Römer waren ein grosses Volk, solange sie bei ihrer göttlichen Vernunftlehre geblieben sind. Alle ihre Werke waren gross und voll weiser Bedeutung; ihre Rechtsgrundsätze sind noch bis jetzt die Grundfesten aller staats- und völkerrechtlichen Gesetze. Als sich aber das Christentum eingeschlichen hatte, da hat sich auch der Tod für das grosse römische Volk eingeschlichen. Und so sitzen jetzt an der Stelle, wo einst das grösste und heldenmütigste Volk residierte, faule, müssige Pfaffen, eine Anzahl lumpigsten Gesindels, und mit dem Rosenkranze in der Hand geht eine Unzahl Diebe und Räuber lauernd auf die Wege, und kein Wanderer ist seines Lebens sicher. Sehen Sie, das ist eine Frucht aus dem Garten des Christentums. Reisen Sie in das herrliche Spanien; betrachten Sie diese Nation aus der alten Zeit, und gehen Sie dann in das christliche Mittelalter über, so wird es Ihren Blicken nicht entgehen, wie aus lauter christlichem Segen Tausende und Tausende bluten, und Tausende und Tausende über lodernden Scheiterhaufen, zur Asche verbrannt, ihr Leben nicht aushauchen, sondern ausverzweifeln! Sehen Sie die rührende Einführung des Christentums unter Karl dem Grossen, wie er mit diesem Segen Tausende und Tausende über die scharfe Klinge hat springen lassen. Reisen Sie von da weg nach Amerika, schlagen Sie die Geschichte auf, und sie wird Ihnen die kläglichsten und jämmerlichsten Beispiele in einer Unzahl aufführen, wie allda die christlichen Segensfrüchte ausgesehen haben. Von da kehren Sie in meine Zeit und betrachten Sie die segensvollen Greuel des dreissigjährigen Religionskrieges, und ich bin überzeugt, Sie dürfen die Urgeschichte aller Völker mit kritischen Augen durchgehen, und ich verpflichte mich, Sie ewig auf meinen Armen herumzutragen, wenn Sie imstande sind, mir ähnliche Greuelszenen ausfindig zu machen.

21. Ich will Sie auf die vielfachen anderortigen und anderzeitlichen Segnungen des Christentums nicht weiter aufmerksam machen, sondern zeige Ihnen dafür nur den Zustand der jetztzeitigen, des Christentums noch ledigen Völker, als da z.B. sind die beinahe ewig friedlichen Chinesen und noch andere bedeutende Völkerschaften in Asien, wie auch die noch unentdeckter Inseln. Sie müssten mehr als dreifach blind sein, wenn Sie hier nicht auf den ersten Blick den Unterschied zwischen dem Christentum und der wahren Weisheit noch alter, erfahrener, friedlicher Völker erschauen möchten. Doch sage ich Ihnen, alle diese grossen, unvorteilhaften Mängel des Christianismus oder vielmehr Neujudäismus liessen sich dadurch bemänteln, so jemand sagen möchte: Diese geschichtlichen Tatsachen sind wohl alle wahr; nur hat sie Christus nie gelehrt, und so kann er auch unmöglich die Schuld dessen tragen, was alles Unheilvolles die Verbreitung Seiner Lehre mit sich gebracht hat; denn Seine Lehre war ja rein und überaus menschenfreundlich. Lieber Freund, das lässt sich alles recht gut anhören, und ich selbst war zeit meines ganzen Lebens auf der Erde darum ein eifrigster Verteidiger des Christentums. Aber erst hier ersah ich das eigentliche Völkergift in dieser Lehre, und dieses ist die offenbare Hinweisung zur Trägheit und zum Nichtstun. Der Mensch, der ohnehin einen angeborenen Trieb zur Faulheit hat, findet in dieser Lehre den besten Verteidiger für seinen Trieb, da er offenbar dahin angewiesen ist, nichts zu tun ausser ein gewisses geistiges Reich zu suchen, und die gebratenen Vögel werden ihm schon ohnehin in den Mund fliegen. Sehen Sie, nach nicht gar zu langer Zeit haben sich mehrere weise Männer nur zu bald überzeugt, dass es mit den gebratenen Vögeln ein gewaltiges Nihil hat; daher ergriffen sie andere Mittel, nämlich das alte Schwert, beliessen das einmal christianisierte Volk in seiner Blindheit, und verschafften sich dann die gebratenen Vögel eben mit dem Schwerte in der Hand. Mein Freund, betrachten Sie, wie Sie wollen, diesen Erfolg, und Sie werden unmöglich etwas anderes herausbringen, und zwar unbeachtet all der höheren, geistigeren Erfahrungen, die man hier im geläuterten Zustande wie ich im Verlaufe von mehreren hundert Jahren über das Christentum macht. Mein schätzbarster Freund! Ich habe für diesmal ausgeredet, und Sie können tun, was Sie wollen. Seien Sie übrigens meiner steten Achtung und Freundschaft versichert, und mir wird es ein grosses Vergnügen sein, wenn wir uns etwa nach einigen Jahrhunderten wieder treffen werden. – Sehet, der andere empfiehlt sich dem Manne und zieht mit seiner ganzen Gesellschaft wieder weiter, unser Paar allein dastehenlassend. Über den Effekt dieser „herrlichen Rede“ und überaus menschenfreundlichen Belehrung wollen wir erst fürs nächste Mal weitere Erfahrungen machen. (Und somit gut für heute!)

Kapitel 37 – Des Mannes Schwäche. – Zug des Weibes zur Hölle.

1. Sehet, die Gesellschaft hat sich schon ganz verloren; aber unser Pärchen steht noch, nachsinnend, auf dem alten Platze. Sie fragt ihn soeben, sagend: Nun, mein vielgeliebter Gemahl, was sagst du jetzt dazu? – Er, sich ein wenig besinnend, spricht: Mein vielgeliebtes Weib, da ist auf keinen Fall viel zu sagen; entweder hat dieser Redner recht, so ist es dann ja entschieden, und es braucht da niemand mehr etwas darüber zu sprechen, – hat er aber unrecht, so bleibt es bei meinem Grundsatze, da ist also auch nicht viel zu sprechen. Ob er aber recht oder unrecht hat, das lässt sich so geschwind nicht entscheiden, sondern solches muss erst meine eigene Erfahrung nach längerer Zeit entscheiden.

2. Sie spricht: Aber lieber Mann, hältst du denn mich, dein getreues Weib, und diesen würdigen Mann für einen Lügner, wenn du seinen überzeugenden Worten nicht sogleich vollen Glauben leihen magst? Siehe, Menschen sind nur dort aufgelegt, zu lügen und einander zu täuschen, wo sie durch die Lüge einander Vorteile abjagen können. Sage mir aber, welchen Vorteil sollte denn hier jemandem eine Lüge oder ein Betrug bringen? Denn hier gibt es weder etwas zu gewinnen, noch zu verlieren; nur das ist gewiss, dass eine Gesellschaft bezüglich der Sättigung des Magens allzeit schlechter daran ist, als ein einzelner in dieser endlosen Gegend herumirrender Mensch. Einer findet bald noch so viel geniessbares Moos oder Gras, um sich nötigenfalls damit den Magen zu stopfen, wenn aber mehrere beisammen sind, so geht es ihnen sicher bei einem aufgefundenen Moosplätzchen schlechter denn einem einzelnen.

3. Du sprichst zu mir, was ich dir damit sagen wolle? Mein allergeliebtester Gemahl! Nichts anderes, als das, dass weder ich noch dieser einsichtsvolle Mann dich auf dem vorteilhafteren Wege sicher nicht bereden würden, dass du von deinem alten Bibelglauben weichen sollest; denn wenn ich für mich, wie du für dich, wandle, so gewinnt ja jeder dadurch, weil er sich selbst auf diesem überaus kargen Boden allzeit leichter fortbringt, als so zwei oder mehrere beisammen sind. Wenn wir dich demnach hätten belügen oder betrügen wollen, da hätten wir dich ja offenbar bei deinem Grundsatze belassen, und du wärest als ein Konsument deinem Grundsatze zufolge von uns gewichen. Wir aber haben dich durchaus nicht belügen und betrügen wollen, sondern haben dir die allerreinste Wahrheit gezeigt, von welcher sich auf der Erde freilich kein Sterblicher etwas träumen lässt, und schon am allerwenigsten ein solch Stockbiblianer und Stockchristianer, wie du bist. Was willst denn du dich demnach bedenken? Nehme daher doch Räson an und folge mir, deinem dich ewig liebenden Weibe, wenigstens hier im Reiche der nackten Wahrheit, wo ich nun sechs Jahre Erfahrung dir voraus habe, wenn du mich schon auf der Welt nicht hast hören wollen. Siehe, auf der Welt ist alles voll Betrug, weil ein jeder durch den Betrug etwas gewinnt oder wenigstens etwas zu gewinnen wähnt. Hier aber ist alles Gewinnens ewiges Ende, somit fallen auch alle Lüge und Betrug von selbst hinweg. Glaube es mir, mich fesselt nichts an dich als meine Liebe; diese ist noch der einzige Gewinn, den ich mit dir habe. Wenn aber du stets törichterweise deinen alten, nichtigen Grundsätzen treu verbleibst, so hebt solches auch diesen Gewinn für mich auf. Wir können sonach nur glücklich sein in der vollen Übereinstimmung unserer Erkenntnisse und unseres Gemütes. Lässt sich diese Harmonie nicht herstellen, so muss ich dir offen gestehen, dass ich ohne dich ganz allein herumirrend glücklicher sein werde, denn an deiner hohlen Seite. Mehr zu deinem eigenen Vorteile vermag ich nun nicht hervorzubringen, ausser dass ich dir noch hinzusage: Weil ich dich aufrichtig liebe und allezeit geliebt habe, so habe ich auch hier alles aufgeboten, um dir meine ewig angelobte Liebe und Treue zu beweisen. Du aber, der mich nie geliebt hat, bist bereit, aus Liebe zu deiner Torheit mich allzeit zu verlassen. – Urteile nun, was du tun willst.

4. Sehet, der Mann fängt an, sich hinter den Ohren zu kratzen und spricht nach einer Weile zu seinem Weibe: Mein geliebtes Weib! Siehe, ich habe aus deinen Worten entnommen, dass du mich wirklich liebst. Solches kann ich unmöglich in Abrede stellen; aber nur sehe ich nicht ein, wenn auf dieser finsteren Geisterwelt weder durch die Wahrheit noch durch die Lüge und den Betrug etwas zu gewinnen oder zu verlieren ist, warum du denn somit für nichts und wieder nichts mir eine gewisse Wahrheit aufbürden willst, mit der am Ende ebensowenig zu gewinnen ist als mit meinem von dir und dem anderen gelehrten Manne bewiesenen Irrgrunde. Ich meine darum, wenn deine Liebe zu mir fürwahr also intensiv ist, wie du sie mir soeben darstelltest, so kannst du mir ja ebensogut folgen wie ich dir; – ausser du hast schon irgendetwas Besseres auf deinem Wahrheitswege gefunden, da will ich dir ja folgen, um mich dadurch von der besseren Realität deiner Wahrheit zu überzeugen. Ist aber solches nicht der Fall, so ist es ja einerlei, wohin wir gehen.

5. Ich denke aber immer, wir haben auf der Welt wohl als Namenchristen gelebt, haben auch das Evangelium gelesen, aber im Grunde des Grundes nie darnach gelebt, sondern wir lebten und handelten nach unserer Einsicht und nach unserem Vorteile; aber von einer werktätigen Ausübung der Lehre Christi war weder bei mir und noch viel weniger bei dir je die Rede.

6. Siehe, in der Lehre heisst es: „Liebe Gott über alles und deinen Nächsten wie dich selbst!“ – Haben wir solches je getan? Wenn ich mein Herz frage, so sagt es mir jetzt geistig wahr, dass ihm die Liebe zu Gott völlig fremd geblieben ist. Du aber glaubtest nie an einen Gott; somit muss dein Herz von dieser wichtigen Liebe noch lediger sein denn das meinige.

7. Ferner heisst es in dem Worte des Evangeliums: „Wer mit Mir zum Leben eingehen will, der nehme sein Kreuz auf sich und folge Mir nach!“ Sage mir, mein liebes Weib, wann haben wir solches je getan auf der Welt? Ich habe nie ein Kreuz getragen und du noch viel weniger; unser ganzes Kreuz bestand in nichts als in lauter weltlichen Geldsorgen.

8. Ferner heisst es im Evangelium, da der Herr zum reichen Jünglinge spricht: „Verkaufe alle deine Weltgüter, teile sie unter die Armen; du aber folge Mir nach, so wirst du das ewige Leben haben.“ – Was spricht aber der grosse Lehrer zum Jünglinge oder vielmehr zu Seinen Aposteln, als sich dieser ob solcher Verkündigung weinend von dem Herrn entfernte? Siehe, die Worte waren überaus bedeutungsvoll, und wie es mir vorkommt, so geniessen wir soeben den traurigen Sinn dieser Worte, welcher also lautete: „Es ist leichter, dass ein Kamel gehe durch ein Nadelloch, denn ein Reicher in das Reich der Himmel!“

9. Wieder heisst es noch im Worte, dass der Herr viele Gäste zu einem Gastmahle laden liess und die Geladenen nicht Zeit hatten, zu erscheinen vor lauter Weltgeschäften. – Siehe, sind wir nicht geladen worden wie oft und wie vielmal, und sind wir dieser Einladung gefolgt? Nun, mein geliebtes Weib, wenn wir uns nun an diesem Orte der äussersten Finsternis befinden, allda Heulen und Zähneklappern wohnt, von dem der Herr ebenfalls gesprochen hat, dass nämlich dergleichen Menschen wie wir in die äusserste Finsternis hinausgestossen werden; – da können wir es uns nur selbst zuschreiben, dass es uns hier also ergeht, wie wir uns befinden.

10. Dass hier kein Glaube an den Herrn anzutreffen ist, und deine venerable Gesellschaft ebenso wie du verneinend von Ihm gesprochen hat, da bin ich der Meinung, sie befindet sich aus demselben Grunde hier wie wir beide, und wenn uns allen die grosse Liebe und Erbarmung Christi nicht hilft, da bin ich überzeugt, dass uns alle Ewigkeiten, überfüllt von den melanchthonisch sein sollenden Wahrheiten, ganz entsetzlich wenig helfen werden.

11. Übrigens aber, wenn du zufolge deiner gründlich gemeinten Wahrheit irgendetwas Besseres schon gefunden hast, so will ich dir, wie gesagt, dahin folgen, um dir dadurch zu zeigen, dass auch ich dich liebe und will dir nichts von meinen Grundsätzen aufbürden, wie du mir deine vermeinte Wahrheit aufgebürdet hast.

12. Das Weib spricht: Rede, was du willst, ich habe einmal recht. Ich kann dir zwar keine Versicherung geben, jetzt schon etwas Besseres gefunden zu haben; dessen ungeachtet aber bin ich der Meinung, wenn du mir folgen willst, dass wir in nicht gar zu langer Zeit einen Ort treffen möchten, da es Licht in grosser Menge geben dürfte. Denn siehe, hier zu unserer rechten Seite bin ich einmal im Gefühle meiner innern Wahrheit lange geradeaus gegangen und kam da endlich an einen breiten Strom. Über dem Strome bemerkte ich ein mächtiges Gebirge und hinter dem Gebirge ging ein Licht herauf wie etwa das einer frühen Morgenröte. Könnte man nur irgendwie über den Strom gelangen, so bin ich überzeugt, dass man in eine lichtere Gegend kommen müsste, denn diese da ist.

13. Der Mann spricht: Nun gut, ich will dir folgen; und so führe mich dahin. – Nun aber gehen auch wir; denn das müsst ihr bis zur Löse mit ansehen!

Kapitel 38 – Im ersten Grad der Hölle.

1. Ihr saget: Lieber Freund! Wie dieses Paar vor uns geht, so folgen auch wir ihm schon eine geraume Zeit so blind und stumm wie diese Nacht selbst; und siehe, es will sich noch nirgends die von dem Weibe vorbesprochene Hinterbergsröte zeigen; wo ist denn diese? Sollte das Weib den Mann im Ernste angelogen haben? Ich sage euch: Habt nur noch eine kleine Geduld, und ihr werdet diese löbliche Röte noch frühzeitig genug zu Gesichte bekommen. Sehet aber auf unser Paar, wie das Weib immer fröhlicher, der Mann aber dagegen immer trauriger und düsterer wird.

2. Ihr fraget: Warum solches? Die Antwort liegt offen am Tage; sie nähert sich ihrem Elemente, dahin ihre Liebe gerichtet ist, somit wird sie auch heiterer. Bei ihm ist es aber der entgegengesetzte Fall; er nähert sich einem ihm nicht verwandten Elemente, wird nicht von seiner Liebe gezogen, sondern vielmehr von der Liebe des Weibes in ihm mitgerissen.

3. Es geht ihm beinahe also, wie da die Alten von einer Liebe der Sirenen fabelten. Solange der Liebhaber aus seiner Sphäre seine ihn bezaubernde Sirene betrachtete, da war er voll Entzückung; und eine Umarmung von solch einer Geliebten schien ihm über alle seine Begriffe reizend zu sein. Wenn er sich aber seiner Geliebten nahte und diese ihn, mit ihren weichen Armen umfassend, hinabzuziehen anfing in ihr Element, da ging der ganze früher phantastische Liebreiz verloren, und grosser Schreck und Todesangst traten an seine Stelle.

4. Sehet, geradeso ist es auch hier der Fall. Der Mann merkt es, dass es des Weges entlang immer finsterer und finsterer wird. Solch eine stets dichter werdende Nacht ist nicht sein Element; sie aber befindet sich desto behaglicher, je finsterer es wird, weil die totalste Finsternis das Element ihrer Liebe und somit auch ihres Lebens ist. – Nun aber möget ihr schon von Ferne ein dumpfes Getöse vernehmen, etwa wie von einem fernen grossen Wasserfalle. –

5. Ihr fraget, was wohl solches bedeute? Ich sage euch: Solches bedeutet nichts anderes, als dass wir demjenigen Scheidestrome ziemlich nahe gekommen sind, den wir schon beim Besuche der Nordgegend haben kennengelernt; daher also nur mutig darauf zugegangen, und wir werden bald sein Ufer erreichen. Ihr fraget nun schon wieder nach der vorbesagten Hinterbergsröte, die sich noch immer nicht zeigen will. Geduldet euch nur noch ein wenig. Wenn wir das Ufer des Stromes werden erreicht haben, dem wir jetzt schon sehr nahe sind, was ihr aus dem stets stärker werdenden Getöse merken könnet, so wird sich auch die Hinterbergsröte im tiefen Hintergrunde sicherlich erschauen lassen. Jetzt aber gebet nur acht und schauet gut auf den Boden, denn wir haben nur wenige Schritte mehr und das Ufer ist erreicht.

6. Nun haltet ein; seht, wir sind schon am Ziele, und da sehet längs dem Strome, wie sich dort im tiefen Hintergrunde eine bedeutende Röte zeigt gleich derjenigen, welche einem fernen, grossen Brande entstammt. Nun aber gebet auch wieder auf das Gespräch unseres Paares acht; sie spricht: Nun, mein geliebter Gemahl, was sagst du jetzt, hatte ich recht oder nicht? Sieh dort ein herrliches Morgenrot und hier sieh den breiten Strom; was sollen wir nun tun, um in jene lichte Gegend zu gelangen? Siehe, über den Strom können wir nicht, aber nach dem Zuge des Wassers längs dem Strome an diesem Ufer können wir wandeln. Er wird stets lichter, wie du es mit deinen eigenen Augen ersehen kannst, und mit der Zeit werden wir auch sicher die ganze lichte Gegend erreichen.

7. Der Mann spricht: Mein liebes, schätzbarstes Weib! Dieses Licht kommt mir eben nicht ganz geheuer vor. Was die Morgenröte betrifft, so scheint diese Röte mit derselben auch nicht die entfernteste Verwandtschaft zu haben; sie gleicht für mein Auge vielmehr derjenigen, deren Grund nicht die Sonne, sondern eine hinter den Bergen brennende Stadt sein möchte. Ob hier eine Stadt brennt, möchte ich schier bezweifeln; dass es aber sicher ein Feuer gibt, solches scheint ausser Zweifel zu sein. Ich will daher auch so weit mit dir gehen, bis wir von seiten dieses Feuers ein ziemlich starkes Licht haben, weiter aber werde ich mich nicht verfügen: denn man kann doch nicht wissen, wessen Ursprungs es ist, – und so ist es immer klüger, weit von selbem entfernt zu sein. Denn der Mensch soll sich dem nicht nahen, das er nicht kennt und das seiner Natur überhaupt nicht verwandt ist.

8. Sie spricht: Aber was du doch für ein albernes Zeug zusammenschwätzest! Da sieht man wohl, wie dumm du bist; worin aber liegt der Grund? Ich sage dir, lediglich in nichts anderem, als dass du dich fürs erste auf der Welt wenig um das bekümmert hast, was die eigentlichen Wirkungen der Naturgrundkräfte betrifft, aus welchem Grunde du dir denn auch jetzt um so weniger eine solche Erscheinung zu erklären im Stande bist. Fürs zweite bist du noch viel zu kurz hier und hast noch viel zu wenig die Gelegenheit gehabt, solche Erscheinungen zu beobachten und dich darüber von den Weisen dieser Gegend belehren zu lassen. Sieh aber, da längs dem Ufer kommen soeben zwei Männer daher geschritten. Gehen wir ihnen entgegen, und ich bin überzeugt, wenn du dich mit ihnen in ein Gespräch einlassen willst, dass du von ihnen sehr viel profitieren wirst. – Der Mann spricht: O ja, mein liebes Weib, ich war ja noch allzeit ein bedeutender Freund von Männern, die viele Kenntnisse besassen, warum sollte ich es denn jetzt nicht sein?

9. Nun aber sage ich euch: Jetzt gebet besonders acht. Der Mann begrüsst sehr höflich den Grösseren und Ansehnlicheren. Dieser macht ebenfalls eine kalte Verbeugung und fragt den Mann des Weibes: Was hat euch, ihr Nachtgesindel, da heraus in die Gefilde des Lichtes den Weg gezeigt?

10. Der Mann spricht: Aller hochzuverehrendster Freund! Ich bin erst vor ein paar Tagen hier in der tiefen Nacht angelangt; mein Weib hier aber befindet sich schon bei sechs Jahren in dieser Gegend. Sie wusste von diesem Lichtgefilde; ich wusste nichts, sondern hatte nur einen grossen Drang nach Licht, und es blieb mir demnach nichts übrig, als dass ich als gänzlich Unerfahrener mich von meinem erfahreneren Weibe habe hierherführen lassen. Daher werden Sie, allerhochzuverehrendster Freund, mir solches nicht zu einem Fehler rechnen wollen. Hat jemand bei diesem Schritte gefehlt, so war es offenbar nur mein Weib.

11. Der Fremde spricht: Und so etwas getraust du dich als ein Mann hier zu bekennen? Wahrlich, du scheinst eben nicht gar weit her zu sein; denn Männer, die der Leitung ihrer Weiber vonnöten haben, die stehen bei uns in einem gerade solchen Ansehen wie Affen. – Hier wendet sich der Fremde zum Weibe und spricht zu ihr: Ist das im Ernste Ihr Werk gewesen, meine allerliebenswürdigste, holdeste Dame? – Sie spricht: O mein allerverehrungswürdigster Freund, ich muss es leider zu meiner eigenen Schande bekennen, dass dieser mein sonst recht lieber Mann sicherlich hundert und wieder hundert Jahre lieber in der dichtesten Finsternis Moos und dürres Gras gefressen hätte, und das aus lauter allerdümmster und nichtigster Liebe zu dem Ihnen wohlbekannten jüdischen Philosophen, als dass er die Wege des Lichtes ergriffen hätte, nicht nur nach meinem, sondern auch nach dem überaus weisen Rate des grossen, Ihnen wohlbekannten Gelehrten, der sich Melanchthon nennt.

12. Der Fremde spricht: O meine schätzenswerteste und allerliebenswürdigste Dame, da muss ich Sie wahrlich von ganzem Herzen bedauern und dagegen aber doch wieder Ihre Herzensstärke bewundern, die so unermüdlich tätig ist, um einen wahrhaftigen Tölpel von einem Manne auf den rechten Weg zu bringen. Allerliebste, schätzenswerteste Dame! Sie müssen mir in dieser Hinsicht schon etwas zugute halten; denn wenn ich in dieser aufgeklärten und stets heller werdenden Epoche noch von der alten christianisch-jüdischen Philosophie etwas höre, so möchte ich vor lauter Ärger aus der Haut springen. Ja, es kommt mir solches noch viel dümmer und alberner vor, als so jemand sich vornehmen würde, einer höchst dummen, mehrere tausend Jahre alten Kleidertracht getreu zu verbleiben, während rings um ihn her die ganze Welt schon gar lange die grösseren Vorteile einer neuen Bekleidung eingesehen und sonach füglichermassen auch angenommen hat.

13. Nun wendet sich der Fremde an den Mann und sagt zu ihm: Sollte das wirklich wahr sein, was dein im Ernste sehr vernünftiges Weib von dir ausgesagt hat?

14. Sehet, der Mann wird etwas verdutzt und weiss für den Augenblick nicht, was er diesem, ihm übergelehrt scheinenden Manne für eine Antwort geben soll. Von Christo will er sich nicht trennen, und von Ihm eine Erwähnung zu machen, das scheint ihm eben nicht rätlich zu sein vor diesem ihm überaus mächtig vorkommenden Gelehrten; daher schweigt er.

15. Aber der gelehrte Fremde wendet sich abermals zu ihm und spricht: Ja, mein lieber Freund, wenn es mit dir um die Zeit ist, wie es mir vorkommt, da bist du ein taxfreier Mann; verstehst du solches? Der Mann spricht: Nein, der Sinn dieser Rede ist mir fremd; und der Fremde spricht: Solches nimmt mich nun nicht mehr wunder. Was aber das „taxfrei“ betrifft, so war das ja schon bei den alten, weisen Römern und Griechen gebräuchlich, dass man die Narren und Tölpel überall kostfrei hielt. Und dass man selbst in der jetzigen Epoche Männern deinesgleichen das ehrenvolle Narrendiplom taxfrei verleiht, behufs dessen sie dann leichtlich in irgendein gut bestelltes Narrenhaus aufgenommen werden können, wird dir, der du mir bekannterweise auf der Welt mit der Amtsführung über staatliche Dinge vertraut warst, sicher nicht unbekannt sein. Verstehst du nun diese Redensart?

16. Der Mann spricht: Leider muss ich sie wohl verstehen; aber nun erlaube auch du mir eine Frage: Wer gibt denn dir bei deiner Gelehrsamkeit, nachdem ich dir doch überaus höflich entgegenkam, das Recht, mit mir vice versa gröber zu sein, als da auf der Welt einer der grössten Pedanten mit einem allerdümmsten Gratisschüler? Der Fremde spricht: Höre, mein lieber Freund, dass ich dir etwas barsch entgegenkam, war nur eine besondere Auszeichnung von meiner Seite, welche du lediglich deinem soliden Weibe zu verdanken hast. Sonst wäre ich einem solch dummen Christuslümmel ganz anders geartet entgegengekommen, welche Begegnung ihm sicher für alle ewigen Zeiten den Appetit nach einer lichten Gegend benommen hätte. Wenn du aber an der Seite deines Weibes Räson annehmen willst und kannst mir die Versicherung geben, dass dich deine alte weltliche Dummheit gereut, der zufolge du eigentlich in diese Finsternis gekommen bist, so will ich dich, (verstehe, aber nur in Rücksicht deines Weibes), nahe dem lichten Orte dort in eine Unterrichtsanstalt bringen, in welcher du, wenn du nicht zu sehr vernagelt bist, zu einer besseren Ansicht gelangen kannst.

17. Der Mann spricht ganz demütig verdutzt: Lieber, hochgeschätzter Freund, wenn es also ist, da bitte ich dich, führe mich dahin; ich war doch als Studierender auf der Welt immer einer der Ausgezeichnetsten und werde sicher auch in deiner Schule nicht einer der Letzten sein.

18. Der Fremde spricht: Gut, ich will dich annehmen; aber mache dich darauf gefasst: bei einem schlechten Fortgange wirst du sobald wieder das hohe Collegium verlassen müssen und wieder zurückbeschieden werden in deine ursprüngliche Nacht. Bist du aber ein ausgezeichneter Studierender, so wird dir auch eine allgerechteste Auszeichnung nicht entgehen. Was aber dein altes christianisch-jüdisches Philosophentum betrifft, da rate ich dir gleich im voraus, auf der hohen Schule nicht viel davon zu erwähnen, sonst läufst du Gefahr, weidlichst ausgelacht zu werden. Es ist solches ein ungünstiges Zeichen, denn Schwärmer taugen nicht zum Studium hoher ernster Wissenschaften, indem diese nur nüchterne und mehr leidenschaftslose Denker vonnöten haben.

19. Hier wirft sich auch das Weib zu dem Gelehrten hin und dankt ihm schon zum voraus mit den schmeichelhaftesten Worten für solch eine ausserordentliche Begünstigung. Und der Gelehrte erwidert ihr: Ja, ja, meine schätzbarste, liebenswürdigste Dame, solches hat er aus vielen Tausenden, ja vielen Millionen dieser Nachtgegendbewohner nur Ihnen zu danken; und so folgen Sie mir!

20. Sehet, das Weib ergreift den Arm ihres Mannes, folgt dem Gelehrten und spricht noch im Gehen zu ihm: Nun, was sagst du jetzt? Ich hoffe, du wirst jetzt doch einsehen, dass es hier ganz andere Verhältnisse gibt, als wie du dir dieselben auf der Erde geträumt hast. – Der Mann spricht: Mein liebes Weib! Solches ist offenbar und klar; ob diese Verhältnisse aber von guter und erspriesslicher Art sind, das wird erst die Folge zeigen. Unter uns gesagt, mir kommt die ganze Geschichte noch immer sehr bedenklich vor; aber, wie gesagt, die Folge wird es zeigen, was aus dieser Unternehmung wird.

21. Es heisst wohl in einem Texte des würdigen Apostels Paulus: „Prüfet alles und behaltet das Gute.“ – Also will ich es auch hier tun; nur bin ich der geheimen Meinung, dass bei dieser sonderbaren Prüfung entweder gar nichts oder doch nur spottwenig Gutes zu behalten sein wird. Denn dieses stets greller werdende Licht, welches mir geradeso vorkommt, als wenn man sich einer lichterloh brennenden Stadt mehr und mehr nähern würde, scheint zur Beleuchtung des Guten durchaus nicht geeignet zu sein. Aber, wie gesagt, es kommt alles nur auf eine Probe an. Da sieh einmal nur diesem Strome tiefer nach, wie er dort im fernen Hintergrunde beinahe glühend wird, und die Wogen scheinen sich in glühenden Dunst aufzulösen. Mir kommt es geradeso vor, als näherten wir uns einem Feuermeere, welches diesen Strom verzehrt.

22. Das Weib spricht: Ja, mein lieber Gemahl, hier heisst es die wirkenden Kräfte in ihrem Grunde kennenzulernen, und da sieht’s freilich wohl etwas grossartiger aus, als wenn ein armseliger Studierender bei dem traurigen Schimmer einer matten Nachtlampe auf der Erde einen römischen Autor studiert.

23. Sehet, hier ist ein Schiff am Ufer befestigt. Der Anführer spricht: Wenn ihr mir folgen wollt zu eurem grössten Glücke, so steiget in dieses Schiff, damit wir den Strom abwärtsfahren in die hehren Gefilde des Lichtes.

24. Das Weib geht gar hurtig in das Schiff; der Mann aber kratzt sich bedenklich hinter den Ohren und weiss nicht, was er da tun soll. Nur um nicht allein zurückzubleiben, steigt er gewisserart schandenhalber in das Schiff. Nun wird das Schiff losgemacht und sehet, wie es gleich einem Pfeile stromabwärts flieht. Nun aber fliehen auch wir; denn so schnell als dieses Fahrzeug ist, und, wenn es not ist, auch um etwas schneller, können auch wir sein. –

25. Nun, wir haben das Schiff schon erreicht. Sehet, wie die Fluten unter demselben stets glühender werden bis dahin, da der Strom in eine Gebirgsenge mündet. Machen wir daher einen schnellen Vorsprung über dieses Gebirge und erwarten unser Schiff bei der Ausmündung des Stromes. Erschrecket aber nicht, denn hier sind auch wir taxfrei, denn uns werden alle diese Schrecken, die ihr da schauen werdet, nichts anhaben.

26. Seht, da sind wir schon; ihr erschrecket hier, weil ihr den Strom gleich einem weitgedehnten, glühenden Wasserfalle donnernd hinabstürzen sehet in eine schreckliche, unübersehbare Flammentiefe und fraget, was solches bezeichne?

27. Ich sage euch: Das ist die vorbesagte „hohe Schule“, in welcher unser armer Mann die Grundkräfte in ihrem Fundamentalwirken wird kennen lernen; richtig gesagt ist aber das der erste Grad der Hölle!

28. Aber nun sehet hinab auf den Strom; soeben langt unser Schiff an. Der Mann ringt mit den Händen nach aufwärts und will aus dem Kahne springen; aber das Weib umfasst ihn, hält ihn fest und sehet, nun stürzt der Kahn samt seiner Quartettgesellschaft hinab in die hohe Schule!

29. Ihr fraget: Sollten wir etwa auch noch da hineinsteigen? – Ich sage und sagte es ja im voraus, ihr müsset die vollkommene Löse mit ansehen, sonst wisset ihr nur die Hälfte von dem, was eine solche Bindung der Doppelliebe in einem Herzen besagt. – Fürchtet aber diese Flammen nicht, denn sie sind nur eine Erscheinlichkeit des Höllischen. An Ort und Stelle aber wird die ganze Sache ein anderes Gesicht bekommen. Und so denn folget mir furchtlos!

Kapitel 39 – Wo sind Himmel und Hölle?

1. Ihr saget: Aber da geht es steil abwärts, und über so viele Klippen und steile Abhänge führt der Weg! – Ja, ja, meine Lieben! Also kommt es aber nur euch vor; diejenigen, deren Gemüt mit diesem Orte korrespondiert, haben da eine breite und wohlbetretene Bahn. Gehen wir daher nur mutig weiter; es wird nicht so lange währen, bis wir die erscheinliche Flammenebene werden erreicht haben.

2. Nun sehet hinab, wie sich die Flammen nach und nach zu verlieren anfangen, und ihr erschauet eine Menge gluterfüllter Stellen ohne Flammen darüber; aber ihr fraget: Werden wir da etwa müssen auf solcher Glut einhergehen? Ich sage euch: Kümmert euch alles dessen nicht, denn alles dieses sind nur Erscheinlichkeiten und besagen den Gemütszustand derer, die da unten wohnen – „Flamme“ bedeutet die Tätigkeit des Bösen; der über den Flammen emporsteigende „Qualm“ bezeichnet das Grundfalsche, und die „Glut“ bedeutet die völlige Eigenliebe und derzufolge den argen Eifer und den böse gewordenen Willen derjenigen, welche in solcher Eigenliebe sind. Doch wie dieses alles sonderheitlich an Ort und Stelle artet, werdet ihr sobald mit den eigenen Augen erschauen.

3. Nun sehet abermals hinab; was erblicket ihr jetzt? Ihr saget: Die Flammen sind gänzlich vergangen und die Glut hat sich in Haufen gesammelt; zwischen den Haufen aber erschauen wir die allerdichteste Nacht. Ihr fraget noch einmal: Wo ist denn der Strom, den wir zuvor ganz glühend da hinabstürzen sahen? Dieser Strom ist ebenfalls nur eine Erscheinlichkeit und bezeichnet den Zug des Falschen, wie dasselbe mündet in das Böse. So bezeichnet auch dieser Abgrund die Tiefe des Bösen, wie dieses ebenfalls schlaue und feindurchdachte Pläne fasst, um sein arges Vorhaben durchzusetzen.

4. Da ihr nun solches wisset, so wollen wir nur mutig darauf losgehen, um sobald als möglich an unser Ziel und somit auch zu unserer Gesellschaft zu gelangen. Nur einige Schritte noch, und sehet, wir sind schon in der Ebene und somit auch in der vollkommenen Tiefe. Ihr sehet nun hier gar nichts, denn die Finsternis ist so gross, dass ihr mit dem Lichte eurer Augen ewig nichts auszunehmen imstande wäret. Daher wird es hier nötig sein, dass wir uns so viel Licht schaffen, das uns genügt, um hier etwas auszunehmen, jedoch darf niemand von den hier Seienden von unserem Lichte etwas verspüren, und ihr müsset euch da fest an mich halten und keiner Sphäre eines Geistes zu nahe treten, ausser insoweit, als es euch durch mich gestattet wird.

5. Und so denn sehet, wir haben nun schon so viel Licht, als es not tut, um diesen Ort näher zu betrachten. Was bemerket ihr hier? – Ihr saget aus einem kleinen Fieberzustande heraus: Um des allmächtigen, allbarmherzigen Gottes willen, was ist das doch für ein schauderhafter Ort! Nichts stellt sich unseren Blicken dar, als schwarzer Sand und schwarzes Steingerölle, welches den Boden dieser Gegend ausmacht; und zwischen dem Sande und diesem Steingerölle dampft es hie und da so heraus, wie wir öfter gesehen haben auf der Erde, wenn die Kohle gebrannt wird. Ferner fragt ihr und saget: Wo sind denn hier Wesen zu sehen? Denn diese Gegend scheint ja wie gänzlich ausgestorben zu sein. Ja, meine lieben Freunde, solches ist auch nur eine Erscheinlichkeit und bezeichnet den „Tod!“ – Doch sorget euch nicht über die Wesenleere dieses Ortes; denn ihr werdet sobald derselben gar reichlichst innewerden.

6. Sehet, da unfern von uns ist etwas zu sehen, ungefähr so wie bei euch auf der Erde ein ziemlich grosser Scheiterhaufen. Diesem Stosse wollen wir uns nahen, und ihr werdet euch sobald überzeugen, was für ein Material das ist. Nun sehet, wir sind dem Stosse gerechtermassen nahe; betrachtet ihn nun ein wenig näher. Was seht ihr? Ihr saget schon wieder: Aber um des allmächtigen, gerechten Gottes willen! Was ist doch solches? Da sind ja lauter Menschen gleich den Pickelheringen übereinander geschichtet und sind dazu noch mit überstarken Ketten an den Boden also befestiget, dass es wohl keinem möglich ist, sich in dieser Lage auch nur im geringsten rühren zu können. Wenn das durchaus hier der Fall ist, da sieht es mit der sein sollenden, ewig fortbestehenden Freiheit des Geistes ganz sonderbar schiefrig aus.

7. Ja, ja, meine lieben Freunde, also sieht es auf den ersten Augenblick wohl aus, wenn wir die Sache von unserem himmlischen Lichte aus betrachten. Darum aber ist es auch nur eine „Erscheinlichkeit“, die der Wahrheit der Sache entspricht. Im Grunde der Tiefe aber bedeutet eben diese Erscheinlichkeit, wie eine Gesellschaft von ihrem eigenen Grundfalschen und daraus hervorgehenden Bösen gefangen ist. Gehen wir aber nur weiter und verlassen wir diesen Stoss! Sehet, da vorne ist schon wieder ein noch grösserer Haufen. Da wir uns schon in seiner Nähe befinden, so saget mir wieder, was ihr da sehet. – Ihr saget: Lieber Freund, wir sehen hier nichts anderes als früher; nur ist der Haufen kegelförmig, und über diesen Kegel ist eine Menge Ketten geworfen, mit denen diese Wesen stark zusammengedrückt zu sein scheinen, dass ihre Leiber förmlich glattgedrückt sind. Nur können wir nirgends ein Gesicht entdecken, wie es etwa aussieht, weil diese Wesen mit ihren Gesichtern alle abwärts auf den Boden gerichtet sind. Ihr fraget: Lieber Freund, befindet sich etwa auch unser früheres Quartett in diesem Haufen? Nein, meine lieben Freunde; wir werden zu demselben schon noch kommen. – Da wir hier alles gesehen haben, so bewegen wir uns wieder etwas vorwärts.

8. Sehet, in nicht geringer Entfernung vor uns stellt sich ein förmlicher Berg dar; da wir schon wieder in der gerechten Nähe sind, so betrachtet ihn nur ein wenig. Was seht ihr? – Ihr sagt schon wieder: Aber um des allmächtigen, gerechten Gottes willen, was ist denn das?! Das sind zwar ebenfalls lauter menschliche Wesen unter Ketten und eisernen Gittern geschichtet; und zwischen ihnen gibt es auch eine Menge Schlangen und Nattern, die da nach allen Seiten mit ihren abscheulichen Augen herausblicken und hurtig darauf loszüngeln. Was besagt wohl solches? – Das besagt eine Gesellschaft, die schon mehr und mehr aus ihrem Falschen in das Böse übergegangen ist. – Gehen wir aber nur wieder von da weiter vor. Sehet, nicht ferne vor uns ist ein ganzes Gebirge, welches ihr mit einem Blicke nicht leichtlich überschauen werdet. Solches ist auch nicht not; denn eine Stelle spricht für das Ganze. Hier ist schon der Fuss eines Ausläufers von diesem Gebirge; betrachtet ihn näher und saget mir, was ihr sehet. – Ihr saget: Da sehen wir ja nichts denn fast lauter niedergeknebelte Ungetüme aller Art; nur hier und da sieht noch ein zerquetschtes Gerippe eines menschlichen Kadavers heraus. Was bedeutet denn solches? – Solches bedeutet die purste Eigenliebe und ist die Erscheinlichkeit weltlicher Macht, Grösse und Reichtums, wenn solche Attribute auf der Welt zu eigennützigen, bösen Zwecken gebraucht wurden.

9. Aber ihr fraget schon wieder und saget: Aber lieber Freund, nachdem wir noch gar wohl wissen, dass wir uns in deiner Sphäre und im G

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