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BLUTTAT IN GÖTTINGEN: Fassungslosigkeit - Zweites Opfer gestorben
Zwei Frauen getötet, der mutmaßliche Täter anderthalb Tage lang auf der Flucht - das unvorstellbar brutale Verbrechen von Göttingen hat Polizei und Bevölkerung in Südniedersachsen in Furcht versetzt. Erst mit der Festnahme des Verdächtigen am Freitagabend in Göttingen setzte Erleichterung ein. Der 52-jährige Mann wehrte sich bei der Festnahme vor einem Schnellrestaurant, wie die Polizei mitteilte.
Am Samstag kam eine bittere Gewissheit dazu: Eine 57-jährige schwer verletzte Frau sei im Krankenhaus gestorben, sagte der Göttinger Polizeichef Thomas Rath. Die Frau hatte bei der Tat am Donnerstag versucht, dem Opfer - ihrer Kollegin - in höchster Not beizustehen.
Dem Polizeichef war die Anspannung anzusehen. «Es ist ein mulmiges Gefühl, wenn ein mutmaßlicher Doppelmörder frei rumläuft», sagte Rath am Rande einer Pressekonferenz. «Umso größer war die Erleichterung, als wir ihn dann am Freitagabend endlich festgenommen haben.»
Ein Haftrichter in Göttingen erließ am Samstagmorgen Haftbefehl. «Der Beschuldigte hat keine Angaben zur Tat gemacht», sagte Staatsanwalt Frank-Michael Laue. Er teilte mit, der Verdächtige sei in den 1990er Jahren wegen mehrerer Vergewaltigungen verurteilt worden.
Zum Ablauf der Tat vom Donnerstagmittag sagten die Ermittler, der Verdächtige habe seiner 44 Jahre alten Bekannten am Arbeitsplatz aufgelauert, sie mit Brandbeschleuniger überschüttet und angezündet. Als die Frau wegzulaufen versuchte, habe er mit einem Messer auf sie eingestochen. Dann attackierte er die 57-Jährige Frau, die ihrer Kollegin helfen wollte. Ein weiterer Zeuge sei mit einem Feuerlöscher zu Hilfe geeilt - diesen habe der mutmaßliche Täter entrissen und damit auf den Kopf des Opfers eingeschlagen.
Der 52-Jährige habe sich zum Tatmotiv zwar noch nicht geäußert, sagte der Göttinger Kripo-Chef Thomas Breyer der Deutschen Presse-Agentur. «Wir gehen aber davon aus, dass es damit zu tun hat, dass er von ihr wiederholt abgewiesen wurde. Der Gelegenheitsarbeiter habe sich über längere Zeit um die Frau bemüht. «Er konnte bei ihr aber nicht landen,» sagte Breyer.
Am Ort der Bluttat im Göttinger Stadtteil Grone war die Absperrung der Polizei am Samstag längst wieder entfernt. Dennoch blieben Passanten respektvoll stehen. Sie blickten mit teilnahmsvoller Miene zu der Stelle vor einem asiatischen Imbiss, an der die 44-Jährige am Donnerstag gestorben war. Andere Menschen hatten dort Blumen niedergelegt und Kerzen aufgestellt.
Zur Fahndung nach dem Flüchtigen hatte die Polizei starke Kräfte mobilisiert, auch Hunde, Drohnen und Hubschrauber eingesetzt. Einmal wäre der Mann fest ins Netz gegangen. In einem Nahverkehrszug Richtung Hannover erkannte ihn eine Bahnmitarbeiterin und schloss ihn im Waggon ein - «wirklich herausragend», wie die Ermittler loben. Der Zug wurde in Elze bei Hildesheim gestoppt, doch der eingeschlossene Verdächtige zerschlug eine Scheibe mit dem Notfallhammer und setzte sich ab.
Zugleich habe der Mann auf der Flucht mehrmals bei der Polizei angerufen, um sich nach dem Zustand der Opfer zu erkundigen, sagte Rath vor der Presse. «Das ist eine Reaktion, die überhaupt nicht nachvollziehbar ist». Die Handys habe sich er bei Passanten geborgt - «völlig locker, völlig nett, völlig empathisch».
Dass der Tatverdächtige gemeingefährlich sein könnte, hatte die Staatsanwaltschaft aber schon vor mehr als zwei Jahrzehnten gesehen. Im dritten Prozess wegen Vergewaltigung 1994 hatte sie für ihn neben einer Freiheitsstrafe auch Sicherungsverwahrung gefordert. Nach der Entlassung 2001 habe der Mann aber unauffällig gelebt, sagten die Ermittler am Samstag.
Der gelernte Tischler war auch nicht zum ersten Mal auf der Flucht vor der Polizei. 1995 war er als Häftling bei einem Zeugentermin im Amtsgericht Göttingen entkommen. Als die Polizei ihn dreieinhalb Wochen später festnehmen wollte, leistete er massiven Widerstand und flüchtete. Weil er nach mehreren Warnschüssen nicht stehenblieb, stoppte ein Beamter ihn durch einen Schuss in den Rücken.
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