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Verantwortung der Eltern und Lehrer & Erziehungsratschläge von Jesus...
Anvertraute Pfunde, verschiedene Anlagen im Kind
und entsprechende Erziehung; Erweckung des Geistes
DAS GROSSE EVANGELIUM JOHANNES – Band 7, Kapitel 125 & 126
Von Jesus Christus geoffenbart durch das Innere Wort an Jakob Lorber
Einleitende Informationen
Der Herr befindet sich mit den Jüngern und ein paar hundert Menschen in der Herberge des Lazarus auf dem Ölberg und hat soeben das Gleichnis vom König, den Knechten und den anvertrauten Pfunden gelehrt. Danach fragt er einen der Gäste, einen indischen Magier, ob er dies verstanden habe und mit der Handlungsweise des Königs einverstanden sei…
Kapitel 125 – Des Magiers Kritik an dem Gleichnis von den anvertrauten Pfunden
1. Sagte der Magier: „Herr, da bin ich nun auf einem Punkte, bei dem der Verstand einem Menschen die Dienste versagt und sich sogar dem Geduldigsten die Haare gen Berge zu sträuben anfangen! Du bist doch der König nicht, der da als ein Tyrann nimmt, dahin er nichts gelegt, und ernten will, wo er nicht gesät hat?! Denn mir kommt es nun vor, dass eben von Dir alles herstammt, und dass eben Du allenthalben gesät hast und darum auch überall nehmen und ernten kannst, weil alles Dein ist und auch Dein sein muss.
2. Dass die Frevler gezüchtigt werden, das finde ich ganz in der besten Ordnung; denn es ist da eben die göttliche Langmut unerträglich, durch die der Böse immer mehr Zeit und Raum für die Zustandebringung seiner Greuel gewinnt, während der ganz ordentliche Mensch in ein stets grösseres Elend versinkt, am Ende allen Glauben verliert und genötigt ist, das ihm anvertraute Pfund im Schweisstuche seiner Not dem strengen und unbarmherzigen Herrn unbeschädigt und ehrlich wieder zurückzustellen. Ja, in solcher Hinsicht und Beziehung ist es freilich wohl besser, ein Berufener denn ein Knecht zu sein!
3. Es ist schon ganz recht, dass der tätige Knecht auch nach seiner Tat belohnt wird; aber dass der etwas trägere und furchtsamere Knecht für die unbeschädigte Rückgabe seines Pfundes ganz leer ausgehen muss, das kommt mir von Deinem Könige sehr hart vor!
4. Ich bin ein Menschenfreund und kann niemanden leiden sehen, besonders wenn er seine Leiden nicht als irgendein Erzbösewicht wohl verdient hat. Der Knecht mit dem einen Pfunde, der es im Schweisstuche wieder also dem Herrn anheimstellte, wie er es empfangen hatte, hat offenbar nicht die Einsicht und den Verstand des ersten gehabt, auch nicht einmal des zweiten, der mit dem einen Pfunde die fünf Pfunde gewonnen hat. Denn hätte auch er den gleichen Verstand gehabt, so hätte auch er zehn oder wenigstens fünf Pfunde gewinnen können; aber aus Mangel an Licht, an rechtem Verstande und am dazu geeigneten Mute hat er sich aus dem einen Pfunde nichts anderes zu machen getraut, als es seinem Herrn ganz unversehrt wieder zurückzustellen. Ich finde in diesem Handeln wahrlich noch nichts Verbrecherisches, und ich möchte Dich sehr fragen, was dann weiter mit diesem Knechte, den sein König einen Schalk nannte, geschehen ist.“
5. Sagte Ich (der Herr): „Der blieb denn, was er ehedem war: ein ganz einfacher und gewöhnlicher Knecht, weil er aus sich heraus für eine höhere Dienstaufgabe keine Fähigkeit besass! Denn auch ein Auserwählter bekommt nur gleich einem jeden andern Menschen die Fähigkeit oder das Talent, das er dann selbst auszubilden hat, damit sein freier Wille keinen Schaden leide.
6. Wer ein solches ihm verliehenes Talent mit allem Fleisse ausbildet, der hat dann auch den rechten Schatz, zu dem ihm noch immer mehr hinzugegeben wird; wer es aber nicht ausbildet und sich von seiner Trägheit nicht losreissen will, der hat es sich dann nur selbst zuzuschreiben, wenn er am Ende samt seinem im Schweisstuch aufbewahrten Pfunde noch dümmer wird als jene, die da nicht wollten, dass der König des Lichtes über sie herrsche.
7. Darin liegt dann der Grund, dass solche trägen Knechte nicht weiterkommen und die berufenen Diener in ihrer Nacht liegenbleiben und es für sie am Ende nichts Ärgeres geben kann, als wenn sie der Lärm des hellsten Tages aus ihrem trägsüssen Schlafe weckt. Oder sollte etwa die Sonne vorher Boten zu den Langschläfern senden und sie fragen, ob es ihnen angenehm sei, dass sie über die Berge heraufsteige?! Sieh, das wird die Sonne infolge der allgemeinen die Welten erhaltenden Ordnung ebensowenig tun, als es der König des Lichtes und des Lebens tun wird!
8. Wer das Pfund überkommt, der hat schier auch die Ordnung des Königs überkommen. Das Sich-danach-Richten liegt im freien Willen des Knechtes, und der König ist da nicht schuld an der Trägheit des Knechtes, sondern der Knecht selbst, weil der König des Lichtes es nur zu gut weiss, welche Fähigkeiten er einem Knechte verliehen hat. Und so ist da allzeit der König und nie ein fauler und träger Knecht in seinem wahren und durchaus nicht etwa eingebildeten Rechte.
9. Denke du nun darüber reiflich nach, fasse das Bild wohl auf und sage Mir dann, ob der König hernach noch ein unbarmherziger Tyrann ist! – Hast du Mich aber nun auch wohl verstanden?“
10. Sagte der Magier: „Ja, das o Herr, habe ich nun wohl verstanden, und Dein aufgestelltes Gleichnis hat dadurch eine volle Lichtseite erhalten, während es als ein pures Bild schwer zu verstehen war. Wer demnach irgendein besonderes Talent in sich verspürt, der soll es mit allem Fleiss ausbilden, und das einmal wie durch und aus sich selbst. Hat er das getan, so wird er das Weitere schon von dem Könige des Lichtes erhalten und wird sodann ein wahrer Lehrer vieler Menschen, die Du als Berufene bezeichnet hast, werden können. Denn wer einmal schon für sich ein rechter Lehrer war, der wird es dann auch für viele andere leicht werden und sein; wer aber schon für sich selbst träge war, der wird es dann auch um so mehr für andere sein, und er wird auch nichts haben, was er seine Nebenmenschen irgend lehren könnte, und es ist darum höchst wahr und richtig, dass dem, der da hat, noch vieles hinzugegeben wird, auf dass er dann in der Fülle habe. Wer aber nicht hat, dem wird auch noch das, was er hatte, genommen werden. Das ist mir nun völlig klar, – doch steckt dahinter noch ein gewisses Etwas, das mir noch nicht so recht einleuchten will, und ich nehme mir darum die Freiheit, vor Dir, o Herr, solchen meinen noch dunklen Anstand auszusprechen.
11. Siehe, es ist der rechte Fleiss und Eifer in allem Guten und Wahren eine nie genug zu lobende Tugend und die Trägheit ein Fundament aller möglichen Laster! Aber wer gibt einem Menschen den Fleiss und den Eifer und wer einem andern die Trägheit? Ich meine, dass weder das eine noch das andere vom Menschen selbst errungen, sondern ihm das nur von einer höheren, göttlichen Willensmacht gegeben werden kann.
12. Ich selbst habe mehrere Kinder und habe bei ihnen die Erfahrung gemacht, dass ein paar unter ihnen, und das mein ältester Sohn und eine Tochter, ohne mein Antreiben im Erlernen der Künste und Wissenschaften aussergewöhnlich fleissig sind, während die anderen Kinder faul und träge sind und zum Lernen mit allem Ernste angehalten werden müssen. Es sind das ja doch Kinder von gleichen Eltern, haben alle eine gesunde Natur, geniessen auch den gleichen Unterricht, und dennoch ist sowohl in ihren Talenten und noch mehr in ihrem Erlernungseifer ein grosser Unterschied. Wo liegt denn da der Grund? An uns Eltern kann es nicht liegen, weil wir ein jedes unserer Kinder ganz gleich behandeln und keines irgend verzärteln; an unserer und der Kinder natürlichen Leibesgesundheit kann es auch nicht liegen, denn – nur Dir, o Herr, allen Dank! – wir sind vollkommen gesund und kräftig, und wir alle geniessen auch stets die gleiche Kost: und doch diese sehr merklichen Unterschiede in ein und derselben Familie! Wie soll ich mir nun das erklären?“
Kapitel 126 – Die richtige, den unterschiedlichen Anlagen entsprechende Erziehung der Kinder und die Wichtigkeit der inneren geisterweckenden Bildung
1. Sagte Ich: „Nichts leichter als das, und das daraus, was Ich dir früher gezeigt habe, dass es nämlich unter den Menschen allerlei Unterschiede geben muss, damit einer dem andern notwendig wird und einer dem andern in diesem oder jenem dienen kann.
2. Wenn alle Menschen gleich fleissig wären und auch die gleichen Talente hätten, so würden sie sich gegenseitig bald völlig entbehrlich werden; aber so haben schon Kinder ein und desselben Elternpaares verschiedene Talente und verschiedene Fähigkeiten. Der Erzieher aber muss sie wohl beurteilen können und dann den Kindern auch nach ihren Talenten und Fähigkeiten den Unterricht erteilen, und sie werden dann alle dem rechten Ziele zugeführt werden.
3. Aber wenn du bei den verschiedenen Talenten und Anlagen deiner Kinder willst, dass sie zum Beispiel lauter Kleidermacher oder lauter Weber werden sollen, da wirst du freilich nur bei jenen einen rechten Fleiss und Eifer gewahren, die zu dem, was sie lernen, auch ein Talent haben. Die dafür wenig oder gar kein Talent haben, die werden dafür auch wenig Eifer zeigen. Solche Kinder werden, wenn sie später zu selbständigen Menschen werden, auch wenig Erspriessliches zum Wohle ihrer Nebenmenschen leisten, weil sie ohne das rechte Talent das mühsam Erlernte nie so recht gründlich und fertig innehaben können wie jene, die eben für das Erlernte schon von Geburt an ein rechtes Talent haben.
4. Also der Grund des grösseren oder geringeren Eifers der Kinder liegt sonach – was mit Händen zu greifen ist – hauptsächlich bei den Eltern und anderen Lehrern der Jugend. Die Rebe bringt die Traube und der Feigenbaum die Feige als Frucht hervor, und beide Früchte schmecken süss; aber so du den Feigenbaum ebenso behandelst wie den Weinstock, da wird dir der Feigenbaum wenig Früchte tragen, und lässt du den Weinstock so unbeschnitten fortwachsen, wie da der Feigenbaum fortwächst, so wird der Weinstock bald verkümmern und dir wenig Trauben geben. – Hast du das nun wohl verstanden?“
5. Sagte nun der Magier: „O Herr, ich danke Dir für diese grosse und gar überherrliche Aufklärung! Ja, da kann der Mensch erst erkennen, wie blind und dumm er bei aller seiner angemassten Weisheit ist! Was bildet sich so mancher Weltweise ein und sieht am Ende doch den Wald vor lauter Bäumen nicht! Es liegt das dem Menschen, wenn er nur ein wenig die Augen aufmachen wollte, gar so nahe! Jedes Kind hat offenbar eine andere Gestalt; eins ist oft grösser als ein anderes, das eine ist schroffer, ein anderes ganz sanft und zart, und so gibt es ja unter den Kindern ein und desselben Elternpaares gar grosse Unterschiede schon äusserlich. Welche Unterschiede wird es dann erst innerlich geben!
6. Sollten die äusseren Merkmale denn einem denkenden Menschen nicht genügen, nach ihrer Verschiedenheit auch auf die Verschiedenheit der im Menschen vorhandenen Talente und Fähigkeiten zu schliessen, damit ein weise sein sollender Lehrer und Meister den Menschen auf seine Talente aufmerksam machen würde und ihm mit Rat und Tat behilflich wäre, die vorhandenen Talente auf eine edle und erfolgreiche Weise auszubilden? O nein, das genügt dem blinden Weisen, so wie ich selbst einer war und noch bin, durchaus nicht! Er will die Menschen alle gleich haben; sie sollen alle denken und handeln wie er und sollen sich willig Lasten aufbürden, zu deren Tragung ihnen die Kraft mangelt, und so werden die Menschen nicht selten statt zu wahren Weisen nur zu Narren gebildet, die weder sich noch jemand anderem einen Nutzen zu bereiten imstande sein können. Für diese Belehrung danke ich Dir, o Herr, nochmals aus dem tiefsten Grunde meines Herzens; denn diese werden wir zuerst bei unseren Kindern in eine sicher fruchtbare Anwendung bringen.“
7. Sagte hierauf Agrikola: „Ja, das ist wahrlich wahr eine Goldlehre, und auch wir Römer werden sie uns zunutze machen, und ich schon ganz besonders; denn fürs erste habe ich selbst Kinder, und fürs zweite werden die jungen Menschen, die ich von hier nach Rom mitnehme, ebenso gebildet werden, wie es mir ihre Talente zeigen werden. Natürlich muss eine gewisse Grundbildung bei allen gleich vorangehen als: das Lesen der Schriften, das Schreiben und das Rechnen, wie auch das Verstehen der Sprachen, die im ganzen römischen Reiche von den Menschen gesprochen werden; denn ohne diese notwendigen Vorkenntnisse lässt sich aus den Menschen nicht viel machen. Dann aber soll ein jeder Mensch nach seinem hervorragendsten Talente gebildet werden. – Herr, ist es recht also?“
8. Sagte Ich: „Allerdings; denn es müssen alle Menschen zuvor gehen, mit den Händen greifen, mit den Augen schauen und mit den Ohren hören können, bevor sie zu irgendeiner Verrichtung einer Tat fähig werden. Und so sind die gewissen von dir angezeigten Vorkenntnisse dem Menschen auch nötig, um mit ihrer Hilfe leichter zur wahren Lebensweisheit gelangen zu können. Aber es soll dabei dennoch wohl darauf gesehen werden, dass die Menschen diese Vorkenntnisse und ihre Erlernung nicht zur Hauptsache machen und nicht ihr Leben lang sich mit dem Studieren der Schriften und Sprachen abgeben und dabei die innere, geisterweckende Bildung vergessen, in der am Ende doch ganz allein aller Wert des Lebens besteht. Denn was nützte es einem Menschen, so er alle Schriften der Welt schreiben und verstehen und aller Menschen Zungen reden könnte, an seiner Seele aber Schaden litte?!
9. Daher suchet vor allem das Reich Gottes auf Erden, suchet es in euch, – alles andere wird euch dann schon mit dem Gottesreiche in euch gegeben werden; aber ohne dasselbe hat der Mensch – und besässe er auch alle Schätze der Erde und hätte die Wissenschaften aller Weltweisen in sich – soviel wie nichts.
10. Ein Besitzer des Reiches Gottes in seinem Herzen aber hat alles. Er hat alle, und zwar die höchsten und tiefsten Wissenschaften in sich und hat das ewige Leben und dessen Kraft und Macht, und das ist doch sicher mehr als alles, was die Menschen auf dieser Welt je als gross und wertvollst anerkannt haben.
11. Ihr werdet euch morgen in Emmaus alle überzeugen, was das heisst, ein vollkommener Mensch sein. Ich sage es euch: Ein wahrhaft vollkommener Mensch vermag mehr denn alle andern unvollkommenen Menschen auf der ganzen Erde.
12. Darum befleissiget euch vor allem, dass ihr vollkommene Menschen werdet! Seid ihr das, dann seid ihr alles und habt alles.
13. Aber das sage Ich euch auch, dass die Erreichung des Reiches Gottes nun Gewalt braucht. Die es haben wollen, müssen es mit Gewalt ordentlich an sich reissen; die das nicht tun werden, die werden es auch schwerlich hier auf Erden schon vollkommen in ihren lebendigen Besitz bekommen.“
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