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Südkorea: Mit Drill zum Abi
Licht an, Träume aus. Es ist sechs Uhr früh in Seoul. Der Tag der Tage steht bevor bei Familie Hwang. Sohn Shi-Hwan ist Abiturient, jetzt wird er geprüft. Auf diesen Moment hat die gesamte Familie ein Leben lang hingearbeitet."Ich wünsche Dir viel Mut", betet Vater In-Ha. "Dein Körper wird sehr müde sein, aber trotzdem sollst du die Kraft finden, diesen Tag zu überstehen." Zum Frühstück gibt es dann einen ganz besonderen Krafttrunk: Blaubeersaft mit Walnüssen und Ingwer.
Der lange Weg zum Traumjob
Der Lerndrill beginnt schon im Kindergarten. Es muss der beste sein, dann die beste Vorschule, das beste Gymnasium - alles für ein perfektes Abitur.
“Ich bin nervös. Ich fühle am ganzen Körper, dass die Prüfung jetzt kurz bevorsteht”, sagt Shi-Hwan Hwang. Für ihn hängt alles an diesem einen Tag - vielleicht sein ganz Leben. Nur wer erstklassig abschneidet, darf auf eine der drei Elite-Unis. Nur sie ebnen den Weg zum Traumjob - und das ist wichtig, da viele Koreaner den Arbeitgeber bis zur Rente nicht mehr wechseln.
700.000 Schüler wetteifern um wenige Uni-Plätze
Am Prüfungstag entscheiden ein paar Kreuzchen über den weiteren Lebensweg. "Ich will nicht zu irgendeiner Uni. Ich will mir die Uni aussuchen können. Um meinen Traum zu verwirklichen, muss ich die besten Noten bekommen", sagt Shi-Hwan. Die Konkurrenz ist erdrückend: 700.000 Schüler wetteifern um die wenigen Elite-Plätze. "Fürs Schlafen bleiben nur ein paar Stunden" Ein paar Tage vor seiner großen Prüfung haben wir Shi-Hwan schon einmal im Unterricht besucht. Jeder Schüler hat jetzt einen 18-Stunden-Tag: Morgens ums sechs Uhr raus aus den Federn, tagsüber Schule, dann Hausaufgaben und Privatunterricht bis Mitternacht. "Ich habe jetzt wirklich hart gearbeitet", sagt Shiwhan. Ich habe in den kurzen Pausen gelernt, sogar beim Mittagessen. Ich lebe für das Lernen. Fürs Schlafen bleiben nur ein paar Stunden."
Unglaublicher Bildungseifer
Der Bildungseifer hat Korea in die Moderne katapultiert. Von der Dritten Welt in die Erste - im Handumdrehen. Korea ist regelmäßig spitze bei internationalen Bildungsvergleichen. "Ich sehe keine Alternative; Wir brauchen erstklassige Bildung. Korea hat keine Rohstoffe. Unser Schatz ist die Bildung. Nur so kann unser Land im Wettbewerb bestehen", sagt Schuldirektor Soo-Cheol Choi. Aber: Der unglaubliche Fleiß koreanischer Schüler hat einen hohen Preis. Nirgendwo in der Welt gibt es mehr Selbstmorde unter Jugendlichen. Jedes Jahr sind es um die 200 Schüler - zu viel Stress, zu hoch die Erwartungen der Familien.
Prüfungstag: Eine Stadt steht Kopf
Am Tag der Prüfung steht Seoul Kopf. Von überall her kommen jetzt die Prüflinge. Behörden, Banken und Geschäfte öffnen eine Stunde später, damit die Straßen frei sind für die Schüler. Später wird Seouls Luftraum komplett gesperrt. Kein Flugzeuglärm soll den Englisch-Vokabeltest stören. Und es kommt noch schöner: Die Polizei steht bereit, um Zuspätkommer per Blaulicht in den Klassenraum zu eskortieren.
Die Nerven sind jetzt bis zum Zerreißen gespannt. Im Klassenraum werden die Handys eingesammelt und die Aufgaben verteilt. Alles sind Multiple Choice Tests: Mathe, Koreanisch, Englisch, Physik. Das geballte Wissen von Kindergarten bis Oberstufe wird jetzt abgefragt. Göttlicher Beistand wird erbeten
Das Abi ist auch eine harte Prüfung für die Eltern. Im Jogyesa-Tempel von Seoul beten Tausende Eltern für ihre Kinder. 3.000 Mal mit der Stirn bis auf den Boden - das soll Glück bringen.
Sein Kind an einer Elite-Uni zu wissen, erhöht das Ansehen der ganzen Familie. So erbitten auch Shi-Hwans Eltern, gläubige Christen, Beistand in ihrer Kirche. "Unser Sohn hat sein bestes gegeben. Aber das ist nur ein Hundertsel dessen, was erreichbar ist. Wir brauchen auf jeden Fall die Hilfe Gottes", sagt Vater In-Ha.
"Ich will nur noch ausruhen"
Am Nachmittag wartet die Familie vor dem Schultor. Die Prüfung ist zu Ende. Shi-Hwan trottet total erschöpft aus der Schule. "Wie war’s?", fragt die stolze Mutter. "Ich will mich nur noch ausruhen", sagt ihr Sohn. Ein paar Tage an Koreas Ostküste, zum Ausspannen, das hat sich Shi-Hwan gewünscht.
Viel Zeit wird er nicht haben. Wenn alles gut geht, wird er wieder bis zum Umfallen ackern dürfen. Dann allerdings an seiner heiß ersehnten Universität.
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